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Meinung: Fans haben schlechte Karten

Deutschland braucht einen Runden Tisch zur Fußball-WM

Von Alexander Graf Lambsdorff An diesem Freitag wird Bundeskanzlerin Merkel auf dem Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die Festrede halten und bei dieser Gelegenheit Tugenden wie „Fairness, Teamgeist und Toleranz“ hochleben lassen. Man könnte meinen, sie trüge Eulen nach Athen – doch weit gefehlt. Beim DFB sind diese Tugenden ausbaufähig, wie die verkorkste Situation beim Ticketverkauf für die WM im nächsten Jahr zeigt.

Inzwischen ermittelt nicht nur die Europäische Kommission gegen die Fifa, auch beim Landgericht Frankfurt am Main liegt eine Klage von Verbraucherschützern gegen das Organisationskomitee (OK) des DFB vor. Die Verkaufsbedingungen glichen Knebelverträgen, meinen die Kläger, von „Abzocke“ ist die Rede. Besonders die Bedingungen der letzten Verkaufsphase werden kritisiert, in der Interessenten teilweise über 1000 Euro vorstrecken müssen, ohne zu wissen, ob sie jemals ein Ticket bekommen werden. Erhalten sie es dann – mitunter erst 36 Stunden vor Anpfiff – haben sie kein Rückgaberecht, hinzu kommen Bearbeitungsgebühren, die nicht erstattet werden. Bekommen sie kein Ticket, sollen sie ihr Geld erst im August 2006 zurückerhalten – ein zinsloser Kredit an die Fifa über neun Monate. Fans schimpfen, Verbraucherschützer laufen Sturm, das EU-Parlament fordert die Kommission zum Einschreiten auf.

Was ist hier los? Freuen wir uns nicht alle auf ein Fußballfest, kann die Nörgelei nicht mal aufhören? Zeigt sich hier wieder der deutsche Kleingeist, der einfach nicht begreift, wie gigantisch dieses Projekt ist? So einfach ist es nicht. Deutschland muss für internationale Großveranstaltungen attraktiv bleiben, dazu gehört, dass man Markenrechte und Sponsorenverträge achtet. Die Bedeutung von Sponsoren für das Gelingen einer Großveranstaltung ist angesichts der teilweise horrenden Kosten unbestritten. Der Unterschied zwischen professionellem Marketing und unlauteren Geschäftsmethoden darf dadurch aber nicht verwischt werden. Wenn die Fifa Zuschauer ihre Tickets nur mit einer Kreditkarte des Unternehmens Mastercard bezahlen lassen will, dann ist das Missbrauch. Auf diese Praxis haben britische Verbraucherschützer aufmerksam gemacht. Die Fifa hat nachgegeben, nachdem die EU-Kommission sich eingeschaltet hatte – jetzt geht es auch im Lastschriftverfahren.

Doch der anhaltende Wirbel um verspätete Rückerstattungen, verbotenen Tickettausch, Knebelvorwürfe und Monopolmissbrauch zeigt eines ganz deutlich: Der DFB muss mehr für die Transparenz tun. Im OK-Kuratorium sitzt kein Verbraucherschützer und kein Fanvertreter, im OK-Aufsichtsrat sind Veranstalter und Sponsoren sogar ganz unter sich. Wenn Angela Merkel am Freitag nach Leipzig fährt, sollte sie deshalb einen Vorschlag mitnehmen, der ihr und den Leipzigern bekannt vorkommen dürfte: Deutschland braucht einen Runden Tisch zur Fußball-WM, an dem Ausrichter, Sponsoren, Politik, Medien, Verbraucherschützer und Vertreter der Fans aus Deutschland, Europa und der Welt gemeinsam über das Turnier reden können. Auch die Fifa muss an diesen Tisch – sie hält sich auffallend im Hintergrund, dabei stammen viele der kritisierten Regeln von ihr, nicht vom DFB.

Deutschland muss attraktiv bleiben, das Jahrhundertereignis Fußball-WM ein Erfolg werden. Der Weg dorthin sollte statt über Gesprächsverweigerung und Gerichtsverfahren über Dialog und Transparenz führen. Beim letzten deutschen Jahrhundertereignis hat es auch funktioniert – das weiß niemand besser als Angela Merkel.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) ist Mitglied des Europäischen Parlaments.

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