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Kündigt seinen Rücktritt an: Der 30-jährige Chef der FDP-Nachwuchsorganisation, Lasse Becker.

© dpa

FDP: Der Chef der Jungen Liberalen macht Schluss

Lasse Becker, der Chef der Jungen Liberalen, hat die Nase voll von "Beleidigungen, Verletzungen, Unterstellungen". Wenn der Nachwuchs aufgibt, wer soll dann auf die reihenweise zurücktretenden "Alten" folgen?

Von Antje Sirleschtov

Mit 30 ist man zu alt, um Chef der Jungen Liberalen, der FDP-Jugendorganisation, zu sein? Das sagt ihr bisheriger Vorsitzender und kündigt an, am 1. November zurückzutreten. Wenigstens tut er es über Facebook und Twitter, den bevorzugten Kommunikationsmedien der jungen Leute. Das hilft den wirklich Alten, sich nicht so zu fühlen. „Es war mir eine Ehre“, schreibt Lasse Becker und dann noch, dass er die Nase voll habe von „Beleidigungen, Verletzungen, Unterstellungen“. Das war Dienstagnachmittag. Seither telefoniert Becker nicht mehr. Mit niemandem. Eines der Phänomene, die den Auflösungsprozess einer ganzen Partei beschreiben. Die Funktionäre geben sich gegenseitig die Schuld, es fallen böse Worte, mancher hält das nicht aus. Becker wurde im Internet „Republikflucht“ empfohlen. Irgendwann war es genug.

Lasse Becker stand der Parteispitze nahe, das entfremdete die junge Basis

Dass Becker mit seinen fast 10 000 Jungliberalen zunehmend Probleme hatte, war schon länger erkennbar. Er fuhr jede Woche zu wichtigen Sitzungen der FDP-Oberen nach Berlin, war gesuchter Gesprächspartner für Fernsehen und Radio, ein selbstverständlicher Bestandteil des liberalen Regierungsestablishments. Da geht man mit der eigenen Partei nicht ganz so hart ins Gericht, da beschönigt man manche Entwicklung, die von der Basis unverstellt mit Kopfschütteln und Wut beobachtet wird.

Beim ersten Wahlgang im Januar fiel Lasse Becker durch - obwohl er keinen Gegenkandidaten hatte

Das hat Abstand zwischen den JuLis und ihrem hef geschaffen. Der Nachwuchs wollte Freiheitsrevolution, bis hinein ins Libertäre: keine Krankenversicherung, kein Euro, jeder seines Glückes Schmied. Im Vergleich dazu war ihr Chef, Becker, ein Kommunist. Im Frühjahr ließen ihn die Jungliberalen krachend durchfallen. Obwohl Becker keinen Gegenkandidaten hatte, konnte er die erforderlichen 50 Prozent der Delegiertenstimmen beim Bundeskongress zur Fortsetzung des Amtes nicht bekommen. Eigentlich hätte er schon da gehen müssen.

Aber wie das in Parteistrukturen eben so ist, besonders bei der FDP: Im Bundestagswahljahr den JuLi-Chef abwählen? Was macht das für einen Eindruck? Also: Zähne zusammenbeißen und durch. Alle! Becker kandidierte ein zweites Mal, die Truppe gab ihm zähneknirschend mehr als 50 Prozent. Ein paar Monate später flog die FDP dann ganz aus dem Bundestag. Seither gehen die „alten“ Liberalen reihenweise in den Ruhestand. Wenn ihnen nun die Jungen folgen, stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt noch eine Chance für die FDP?

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