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FDP: Der Preis des Wortbruchs

Die FDP ist durch eigene Schuld schwach geworden. Dass Wolfgang Schäuble heute wagen kann, ein paar symbolische Steuererleichterungen auf das Jahr 2012 zu verschieben, zeigt die ganze Missachtung des Finanzministers für die Wahlkampfversprechen Westerwelles.

Nun raunen sie wieder, die jungen Liberalen. Von thematischer Verengung ist die Rede, von der Aufgabe, die Traditionslinien des Wirtschaftsliberalismus, des Bürgerrechtsliberalismus und des sozialen Liberalismus zu verbinden, und von sympathischer Vermittlung. Politisches Geschwafel ist das, das bloß die wahren Gründe liberalen Scheiterns verdeckt – den Wortbruch. Denn die 14,9 Prozent bei der letzten Bundestagswahl waren eben kein Votum für einen thematisch verbreiterten Liberalismus, sie waren ein Votum vieler Mittelstandswähler für eine Partei, die ein einfacheres und gerechteres Steuersystem versprochen hatte und dazu mehr Netto vom Brutto.

Es mag ja sein, dass viele bürgerliche Wähler selbst nicht an dieses Programm glaubten, dass Steuersenkungen nicht zu den Prioritäten der überwiegenden Mehrheit zählten. Doch die Wähler der FDP zumindest hatten diese Priorität – ob nun berechtigter- oder unberechtigterweise. Da die FDP ihren Wählern jedenfalls eine ernsthafte Anstrengung hin zu weniger Staat versprochen hatte und diese allein aus dem Bundesfinanzministerium heraus mit einiger Aussicht auf Erfolg hätte unternommen werden können, war Guido Westerwelles Griff nach dem heute fast bedeutungslosen Außenamt ein Wortbruch. Und wenn der Parteivorsitzende selbst die Anstrengung scheute, hätte er das Amt dem liberalen Fachmann Hermann Otto Solms verschaffen müssen, auch auf Kosten der eigenen Karrierewünsche.

Mit diesem Fehltritt war alles programmiert. Dass Wolfgang Schäuble heute wagen kann, ein paar symbolische Erleichterungen auf das Jahr 2012 zu verschieben, zeigt die ganze Missachtung des Finanzministers für die Wahlkampfversprechen Westerwelles.

Politik, so lernen wir es seit Max Weber, ist das geduldige Bohren dicker Bretter mit Ausdauer und Leidenschaft, nicht der folgenlose Plausch über Weltprobleme, die Deutschland eh nicht zu lösen vermag. Dass Westerwelle in ein Amt flüchtete, dessen Bedeutung seit Hans-Dietrich Genschers überschätzten Tagen kontinuierlich abgenommen hat, mochte allen recht sein, die von weniger und gerechteren Steuern nicht viel halten: Für die Wähler der FDP allerdings war es das Eingeständnis, dass ihre Partei überflüssig geworden ist.

Um den Sozialstaat sorgen sich schon SPD und CDU und CSU, ganz zu schweigen von der Linken, und für die Bürgerrechte treten auch die Grünen ein. Allein die Liberalen sorgten sich – gut hörbar – um die Masse der Steuerzahler. Seit die FDP diese Sorge auf Hoteliers einschränkte, hat sie Ruf- und Markenzeichen eingebüßt, und es dürfte lange dauern, bevor es wieder Gründe gibt, diese Partei zu wählen.

Der schwache deutsche Liberalismus ist durch eigene Schuld noch schwächer geworden, gut gemeinte Appelle und Korrekturpapiere können dagegen wenig ausrichten.

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