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FDP: Klausur ohne Besinnung

Neuausrichtung Fehlanzeige: FDP-Chef Guido Westerwelle denkt nicht um – und die Parteiführung nicht nach.

Von Hans Monath

Wer in Klausur geht, sucht Abgeschiedenheit und hofft auf Besinnung. Was für Klosterbrüder und Menschen in Lebenskrisen gut sein mag, ist für die FDP noch keine Richtschnur. Parteichef Guido Westerwelle jedenfalls verbreitete nach dem Ende der Klausurtagung seiner Parteiführung eine Botschaft, in der von einer Besinnung der Liberalen in der Krise kein Hauch zu spüren war. Wir gehen wieder in die Offensive, versprach er stattdessen. Nur ändern wollen wir uns nicht. Und ich selbst muss nichts abgeben.

Es hatte vor diesem Wochenende nicht an öffentlichen und nichtöffentlichen Ratschlägen aus den eigenen Reihen für den Vizekanzler gefehlt, der seine FDP in einem Dreivierteljahr von fast 15 Prozent Wählerstimmen auf gegenwärtig rund fünf Prozent Zustimmung geschrumpft hat. Denn der in der deutschen Parteigeschichte beispiellose Absturz einer Regierungspartei hat konkrete Gründe, die auch in der FDP viele kennen.

Das reicht vom mantraartigen Beharren der Liberalen auf Steuerentlastung trotz Finanz- und Eurokrise über die Blockade eines Sozialausgleichs im Sparpaket und Westerwelles schrille Töne in der Hartz-Debatte bis hin zu seiner hartnäckigen Weigerung, sich dem Amt des Außenministers auch habituell anzunähern. Das nehmen die Deutschen dem Chefdiplomaten so übel, dass er unbeliebt ist wie noch kein Außenminister vor ihm.

Doch es gibt auch nach dieser Klausur keinen Punkt, der eine Besinnung der Liberalen in der Krise erkennen ließe: keine Trennung der Ämter von Parteivorsitz und Außenminister; keine Aufgabe der starren Bindung an die Union als einzigen Koalitionspartner; kein Eingeständnis, dass das größte Sparpaket in der Geschichte der Bundesrepublik nicht nur Einschnitte für Hartz-IV-Empfänger, sondern auch solche für Besser- und Gutverdienende enthalten müsste, wenn die Liberalen sich ernsthaft vom Ruch der Klientelpartei lösen wollten.

Dass Westerwelle selbst eine Neuausrichtung ablehnt, weil er damit ganz konkret eigene Fehler eingestehen müsste und sich so weiter angreifbar machen würde, ist womöglich noch verständlich. Weniger verständlich allerdings ist, dass die Führung der Liberalen auch in dem Moment nicht die Kraft oder den Mut aufbringt, ihm eine deutliche Kurskorrektur aufzuzwingen, da es längst um das Überleben der FDP als Bundespartei geht.

Die Selbstaufgabe liberaler Eigenständigkeit gegenüber Westerwelle und die Zurichtung der Identität auf die Steuerfrage war stets weniger inhaltlich als machtpolitisch begründet. Nicht die heute vielstimmige Debatte der FDP über ihre Krise ist das Erstaunliche. Der Sündenfall war vielmehr die Verabschiedung des FDP-Bundestags-Wahlprogramms im Mai 2009 durch eine Partei, welche die geistige Unabhängigkeit ihrer Vertreter sonst gerne laut beschwört.

Die Wahrheit ist: Solange Westerwelle Erfolg versprach, überantwortete sich ihm die einst stolze FDP völlig. Aber warum muss sie ihm folgen, wenn er keinen Erfolg mehr verheißt?

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