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Für die FDP gibt es nun kein Zurück mehr.

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FDP: Philipp Röslers Zeit ist vorbei

Die Hoffnung der Liberalen, dass es Philipp Rösler als Bundesvorsitzender richten kann, ist zerstoben. Daraus müssen sie nun Konsequenzen ziehen. Denn es geht um die Existenz der FDP.

Alles hat seine Zeit, das wird er als Christ wissen. Und als Politiker muss er es wissen, weil er sich sonst aller Chancen beraubt, Einfluss zu nehmen. Also: Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei – und die Hoffnung ist vorbei. Die Hoffnung der Liberalen, dass es Philipp Rösler als Bundesvorsitzender richten kann. Daraus müssen sie nun Konsequenzen ziehen, nach der Wahl in Niedersachsen, die am 20. Januar stattfindet. Spätestens am Tag danach, nicht einen Monat später, nicht zwei, nicht im Mai. Sonst kann es nämlich nicht nur mit Rösler, sondern gleich mit der ganzen FDP vorbei sein.

Sie, die Partei, und ihre sogenannten Granden haben es so weit getrieben, dass es kein Zurück mehr gibt. Alle mischen sie mit, versprühen Gift, kontaminieren die liberale Idee – jetzt müssen sie auch dafür sorgen, dass sie überlebt. Wolfgang Kubicki, der Springteufel aus dem Norden, hat recht, obwohl es von ihm immer irgendwie unseriös wirkt: Es geht um die Existenz der FDP, längst schon nicht mehr um Rösler. Aber jetzt zeigt sich, wem es um sich und wem es um den Liberalismus geht. Der erfordert, ja doch, auch eine Portion Idealismus.

Opportun ist, was gemacht werden muss: eine Re-Definition von Zusammenhalt in der Gesellschaft und in der Partei. Alles andere, dieses „Geballere“ auf Personen an der Spitze, wie es der Juli-Chef nennt, ist schnöder Opportunismus. Davon hat die FDP zu viel. Sie, die es heute besser wissen, hätten es besser damals sagen sollen, als Guido Westerwelles Zeit an der Parteispitze abgelaufen war. Doch seinerzeit haben sie sich eines jungen Mannes bedient, ihn benutzt, dessen Potenzial nun nie mehr reifen und für die Sache genutzt werden wird.

Und nun Brüderle?

Der Parteienforscher Jürgen Falter sagt über Rösler, der sei ein angenehmer, intelligenter, charmanter Mann, nur zu jung, zu jungenhaft. Sie, die anderen, haben das Bild von ihm ramponiert und seine öffentliche Persönlichkeit nahezu zerstört. Wer sie sind? Die Mitglieder der jetzigen Parteiführung. Weil sie es entweder unterlassen haben, die Debatte zu unterbinden, oder nicht schon längst reinen Tisch gemacht haben. Die sich noch im Spiegel anschauen können, haben nun das Recht und die Pflicht, Schuld abzutragen und der liberalen Sache zu dienen. Wenn es die denn noch gibt. Was zu wünschen wäre. Denn es war nicht immer so, dass liberal wie Wirtschaft buchstabiert wurde. Es gibt schon noch die, die sich für Bürgerrechte und Verbraucherrechte, für Soziales und Datenschutz und den aufgeklärten Rechtsstaat einsetzen; die, die aus Liberalismus nie einen Liberalideologismus machen wollten.

Anfangs war auch Rösler so. Er hat den (sozial-)liberalen Katechismus durchbuchstabiert wie lange Jahre keiner vor ihm. Ewigkeiten scheint das her zu sein, seine Wahl in Rostock. Er stellte sich in eine Traditionslinie, die zurückreichte zu Karl-Hermann Flach, aber auch die Wurzeln seit 1848 deutlich machte; jedenfalls schien er kein Flachwurzler zu sein. Doch, um im Bild zu bleiben: Er hat sie verdorren lassen. Dass er die große Chance nach Westerwelle nicht nutzte, offenbart, dass er schlicht nicht so weit war. Mag Rösler biegsam wie Bambus sein, wie er stolz sagte – auch den kann man brechen, und dann splittert es.

Alles hat seine Zeit. Die von Philipp Rösler in der großen Politik ist vorbei. Und nun die deutsche Eiche, als die sich Rainer Brüderle beschrieben hat? An der kann sich jeder reiben, ohne dass es sie stört, sagt der Volksmund. Nur ist Brüderle diese Eiche nicht. Er steht zwar schon lange da, aber Bewunderung löst er nicht aus. Ein gewiefter, gereifter Mann, trickreich, auch verlässlich, doch keiner, der dem Liberalismus über die Hürde helfen kann – über die Hürde, als bezwingende Idee wahrgenommen zu werden. Mit Brüderle kann sich die FDP womöglich noch einmal in ihrer Rolle als Mehrheitsbeschaffer stabilisieren, aber nicht als politischer Mehrwertbeschaffer. Nicht dauerhaft. Da müssen andere kommen. Besser gestern als heute.

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