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FDP und Grüne: Sie sind sich nicht grün

Die FDP hat ein massives Problem mit den Grünen – und dies gilt umgekehrt genauso. Die Parteien der flexiblen Mitte beäugen sich misstrauisch wie sonst nur SPD und Linkspartei.

Paradox ist es. Da existieren zwei liberale Parteien in der Mitte der Gesellschaft, die zu einem politischen Kraftzentrum im Fünf-Parteien-System werden könnten, die aber nicht zusammenfinden. Die Rede ist von Grünen und Freidemokraten, die zunächst einmal mehr eint als trennt. Fast vier Fünftel der Wähler von FDP und Grünen stehen aktiv im Beruf, bei den beiden Volksparteien ist es nur die Hälfte, deren übrige Wähler leben von Sozialtransfers. Anhänger von Freidemokraten und Grünen sind risikobereiter als andere, sie sind anspruchsvoll, individualistisch, bildungsorientiert, leistungsbereit – und sie wollen unterscheidbar sein.

Damit enden aber offenbar auch schon die Gemeinsamkeiten. Obwohl spätestens seit 2005 mit dem Fünf-Parteien-System gerechnet werden muss, wissen ausgerechnet die neubürgerlichen Ich-Parteien in der Mitte dessen Chancen nicht zu nutzen. Und so geht es bei der trotzig vorgetragenen Absage der NRW-FDP an Verhandlungen mit SPD und Grünen um eine Ampelkoalition wohl am wenigsten darum, die Frage einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei zu problematisieren. Seine Partei wolle nicht „Steigbügelhalter für eine Linksregierung“ sein, formuliert Parteichef Guido Westerwelle.

Dem Argument aber fehlt es an innerer Logik. Erst die Rigorosität der Liberalen macht eine Linkskoalition für SPD und Grüne ja zur letzten Möglichkeit, um der ungeliebten großen Koalition zu entgehen. An der FDP jedenfalls wird eine rot-rot-grüne NRW-Regierung nicht scheitern.

Viel eher legt die Reaktion der Düsseldorfer Liberalen nahe, dass die FDP ein massives Problem mit den Grünen hat – und dies umgekehrt genauso gilt. Die Parteien der flexiblen Mitte beäugen sich misstrauisch wie sonst nur SPD und Linkspartei. Ähnlich wie die Sozialdemokraten, die auf ihre Abtrünnigen ungläubig und aggressiv reagieren, haben es wohl auch die Freidemokraten mit einer Art Phantomschmerz zu tun. In Zeiten, in denen sie auf ihr Stammwählerniveau zurückgeworfen werden, wird ihnen vor Augen geführt, was ihnen fehlt: Weite Teile der neubürgerlich-kreativen Großstadtavantgarde, eigentlich eine urliberale Klientel, haben die Freidemokraten an die Grünen verloren – und das wohl auf Dauer. Die Grünen wiederum distanzieren sich von der FDP gerne mit dem Gefühl moralischer Überlegenheit.

Für die FDP ist dies umso misslicher, als sie auch in ihrer alten Rolle als begehrte Funktionspartei von den Grünen abgelöst wird. Dank schwarz-grüner Avancen steht die Ökopartei schon heute im Zentrum parlamentarischer Mehrheitsbildung, sie ist die Republikpartei schlechthin geworden. Der Wähler jedenfalls könnte es in Zukunft durchaus honorieren, wenn sich eine Partei als Scharnier bei Koalitionsbildungen zur Verfügung stellt – und damit Blockaden im Fünf-Parteien-System auflöst.

Aus Sicht der FDP mag es dafür noch zu früh sein, von Nordrhein-Westfalen aus will sie kein Signal setzen. Dabei könnte eine koalitionspolitische Öffnung die Liberalen ganz nebenbei auch aus der politischen Verengung der vergangenen Jahre befreien. Erst das übrigens könnte für die Grünen gefährlich werden.

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