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Finanzkrise: Auf Schnäppchenjagd

Mit dem Zusammenbruch der Washington Mutual ist ein weiterer Höhepunkt der internationalen Finanzkrise erreicht. Doch die größte Bankenpleite in der US-Geschichte produziert auch Gewinner.

Der Zusammenbruch der einst als Sparkasse gestarteten zweitgrößten Geschäftsbank der Vereinigten Staaten, der Washington Mutual, markiert einen weiteren Höhepunkt der internationalen Finanzkrise. Am Donnerstag schlossen die US-Aufsichtsbehörden die schwer angeschlagene Bank. Letzter Auslöser war ein massiver Liquiditätsengpass: Allein in den letzten zehn Tagen sollen Kunden Guthaben in einer Größenordnung von mehr als 16 Milliarden Dollar abgezogen haben. Damit drohte dem Konzern die Zahlungsunfähigkeit. In einer Blitzaktion organisierten die Behörden den Notverkauf an den Finanzkonzern JP Morgan Chase.

In ihren 2200 Filialen in Kalifornien, Washington, Florida und zwölf weiteren Bundesstaaten hatte sich die Washington Mutual mit ihren 43 000 Mitarbeitern auf das Geschäft mit Privatkunden und kleineren Unternehmen konzentriert und in den vergangenen Jahren insbesondere das Hypothekengeschäft massiv ausgeweitet. Entsprechend hoch gerieten mit der Immobilienkrise jetzt die Wertberichtigungen: Allein in den letzten drei Quartalen summierten sich die Verluste der Bank auf mehr als sechs Milliarden Dollar. Verschärft wurden die Probleme durch den Kurssturz der Aktie und schlechtere Bewertungen der Rating-Agenturen, so dass sich die Bank aus eigener Kraft nicht mehr aus dem Dilemma befreien konnte.

Dennoch ist die Washington Mutual immer noch deutlich mehr wert als jene 1,9 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro), die JP Morgan Chase jetzt im Rahmen der Notübernahme für die Bank auf den Tisch legen musste. Der Schnäppchenkauf lohnt sich für JP Morgan Chase umso mehr, da das Eigenkapital und die Schulden der Washington Mutual bei diesem Deal außen vor blieben. Damit erleiden die Aktionäre – darunter auch der Finanzinvestor Texas Pacific Group, der erst im April mit 1,3 Milliarden Dollar bei der Washington Mutual eingestiegen war – ebenso einen Totalverlust wie die Gläubiger der Bank.

Gesichert sind dagegen nach Einschätzung der Behörden die verbliebenen Kundeneinlagen von immerhin noch 190 Milliarden Dollar. Das Bankgeschäft werde in den mit dem Zusammenschluss übernommenen Filialen ganz normal weitergehen. Dadurch zählt neben JP Morgan auch der Einlagensicherungsfonds der Branche zu den Profiteuren des Notverkaufs, denn der muss jetzt nicht in Anspruch genommen werden. Eine Pleite der Washington Mutual hätte diesen Fonds mit extrem hohen Ausgleichszahlungen von mehr als 20 Milliarden Dollar wohl ebenfalls überfordert.

Vor der Washington Mutual musste bereits ein Dutzend kleinerer und mittlerer US-Banken aufgeben. Das 700 Milliarden Dollar schwere Hilfspaket, das die Regierung Bush derzeit für die großen Player am Finanzmarkt durchzusetzen sucht, hätte sie wie die Washington Mutual kaum vor dem Aus bewahrt. Denn dieses Programm greift eben nicht bei jenen Bürgern, die ihre Hypothekenkredite nicht mehr bedienen können und deshalb weiterhin ihre Häuser verlieren. Diese direkten Zahlungsausfälle aber sind es, die die regionalen Banken jetzt zunehmend ins Abseits manövrieren.

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