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Meinung: Force Chirac

Seinen Premierminister ließ er in Berlin über den Plan für eine deutsch-französische Grenzpolizei reden – über die wichtigen Dinge in der Welt redet Jacques Chirac offensichtlich lieber selbst: Die Äußerung des Präsidenten, Frankreich behalte sich das Recht auf eine Vergeltung in „nicht konventioneller“ Weise – also mit Atomwaffen – vor, klingt wie die Androhung eines nuklearen Erstschlags. Schon 2003 gab es Spekulationen über eine neue französische Nukleardoktrin, die einen präventiven Einsatz von Atomstreitkräften vorsehen könnte.

Seinen Premierminister ließ er in Berlin über den Plan für eine deutsch-französische Grenzpolizei reden – über die wichtigen Dinge in der Welt redet Jacques Chirac offensichtlich lieber selbst: Die Äußerung des Präsidenten, Frankreich behalte sich das Recht auf eine Vergeltung in „nicht konventioneller“ Weise – also mit Atomwaffen – vor, klingt wie die Androhung eines nuklearen Erstschlags. Schon 2003 gab es Spekulationen über eine neue französische Nukleardoktrin, die einen präventiven Einsatz von Atomstreitkräften vorsehen könnte. Auch damals hatte er „Schurkenstaaten“ ins Ziel genommen. Chiracs aktuelle Äußerungen stellen also höchstens eine Erweiterung der alten Doktrin der force de frappe dar. Doch seit den Anschlägen in New York besteht die Herausforderung darin, den asymmetrischen Charakter des modernen Terrors zu verstehen: die Tatsache, dass eine terroristische Gefahr nicht mehr nur von Staaten ausgehen muss. Chiracs Drohung gegen „Staatsführungen, die terroristische Mittel gegen uns einsetzen“, kann sich deshalb kaum gegen Osama bin Laden richten, der gestern neue Anschläge ankündigte. Sie ist vielmehr ein Versuch, das Drohpotenzial gegen jenen Staat zu erhöhen, der versucht, sich „unter Bruch der Verträge mit Atomwaffen“ auszustatten: Iran. Dass Chirac hier bereits mit dem Äußersten droht, belegt auch seine Hilflosigkeit. mos

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