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Meinung: Frankfurt, Endstation Sehnsucht Trichet kann die EZB führen – das nutzt dem Euro

Für die Franzosen ist der Weg frei, die Zitterpartie vorbei. Endlich können sie einen Mann aus ihrer Heimat an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) schicken: Jean-Claude Trichet, der Chef der französischen Notenbank, wurde am Mittwoch vom Vorwurf der Bilanzfälschung freigesprochen.

Für die Franzosen ist der Weg frei, die Zitterpartie vorbei. Endlich können sie einen Mann aus ihrer Heimat an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) schicken: Jean-Claude Trichet, der Chef der französischen Notenbank, wurde am Mittwoch vom Vorwurf der Bilanzfälschung freigesprochen. Noch in diesem Sommer kann der Geldpolitiker in den Tower der EZB in Frankfurt (Main) einziehen und sein niederländischer Kollege Wim Duisenberg in Rente gehen. Paris steht kurz davor, den Lohn für den 1998 geschlossenen Kuhhandel endlich einzustreichen: Frankfurt als Sitz der EZB gegen die halbe Amtszeit von Duisenberg und die französische Übernahme des Prestigepostens.

Für die EZB ist das zu begrüßen. Trichet gilt als gute Besetzung, und seine Autorität nach dem Freispruch als nicht geschmälert. Von der Orientierung her steht er eng bei seinem Kollegen und Vorgänger Wim Duisenberg. Trichet hat in Frankreich eine stabilitätsorientierte Geldpolitik verfolgt, vor der Einführung des Euro hat er sich für den „Franc fort“ eingesetzt. Genau wie Duisenberg misst der Franzose der Preisstabilität große Bedeutung zu. Die Kontinuität an der EZB-Spitze ist also gewährleistet. Wäre Trichet verurteilt worden, hätte die Suche nach einem anderen Franzosen beginnen müssen – was schwierig geworden wäre.

Das Spektakel um die Besetzung des Postens an der EZB-Spitze lenkt indes vom wirklichen Problem der europäischen Geldpolitik ab. Damit die EZB sie überhaupt betreiben kann, müssen die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitiken harmonisieren. Natürlich ist es dabei wichtig, dass Kompetenz an der EZB-Spitze regiert. Aber die Person, die der Zentralbank vorsitzt, entscheidet nicht alleine über einen Zinsschritt. Die Ratsmitglieder reden kräftig mit. Gleich welcher Nationalität ein EZB-Chef ist, wird er eine Politik betreiben, die auf den gesamten EU-Raum zugeschnitten ist.

Das ist im Moment problematisch, weil Wachstums- und Inflationsraten der Mitgliedsländer teilweise weit auseinander liegen. Sie müssen den Stabilitätspakt wenigstens grundsätzlich respektieren und mit strukturellen Reformen der Sozialsysteme daran festhalten, die Staatshaushalte langfristig zu sanieren, europaweit. Nur dann kann die Grundlage dafür entstehen, dass es eines Tages einen einheitlichen Wirtschaftsraum gibt, für den die EZB eine überall passende Politik entwirft. Und dann fallen nationale Eitelkeiten bei der Besetzung der EZB-Spitze auch weniger ins Gewicht.

Flora Wisdorff

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