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Meinung: Frankfurt: Nichts ist unmöglich

Die Grünen nennen das neue Frankfurter Römerbündnis "Konstrukt", die Union "Konstellation". Wie der Teufel das Weihwasser meiden sie es, diese Koalition beim Namen zu nennen.

Die Grünen nennen das neue Frankfurter Römerbündnis "Konstrukt", die Union "Konstellation". Wie der Teufel das Weihwasser meiden sie es, diese Koalition beim Namen zu nennen. Wortakrobatik soll den Tabubruch kaschieren.

Im Kommunalwahlkampf war es den Frankfurter Grünen gelungen, Herzen in Schwingung zu versetzen: Plakate gegen den Flughafenausbau - die ökologische Partei entstand hier aus den Überbleibseln der Bewegung gegen die Starbahn West; Plakate gegen den "Lügenbaron" Koch - die Schwarzgeldaffäre hatte vermeintliche "Law and Order"-Politiker als Gesetzesbrecher bloßgestellt. Und schließlich gab es die von der hessischen CDU befeuerte Debatte um Joschka Fischers Vergangenheit. Schwarz und grün schien sich auszuschließen.

Als der schwarz-grüne Flirt dann begann, sahen sich die Akteure ob der öffentlichen Entrüstung genötigt, erst Mal alles zu dementieren. Im Geheimen handelten sie dennoch den Ehevertrag aus. 88 Punkte finden sich da, von A wie Ausbau der Fahrradwege bis Z wie die zu bekämpfende Zweckentfremdung von Wohnraum. Ein gutes Ergebnis, aus der Tunnelperspektive der Beteiligten.

Aber vielleicht nicht gut genug. Denn die grüne Basis könnte das Paket bei der Mitgliederversammlung am Montag für zu leicht befinden. Selbst Dany Cohn-Bendit, der die Annäherung an die CDU forciert hat, fürchtet die Spaltung. "Politisch kulturell" sei das Bündnis nicht hinreichend vorbereitet, so begründet er sein Plädoyer für ein "Moratorium". Der Vorwurf der Kritiker lautet, dass es allein um Posten geht. In der Tat haben die grünen Verhandlungsführer Ambitionen: Jutta Ebeling will Kultur-, Lutz Sikorski Umweltdezernent werden. Ebeling und Sikorski meinen hingegen, dass den Grünen in der Opposition, als eine von vier Oppositionsgruppierungen, der Abstieg in die Zweitklassigkeit bevorsteht. Und die Frankfurter SPD sei in "desolatem Zustand".

Doch von den 88 jetzt zwischen CDU und Grünen vereinbarten Programmpunkten wären 80 wohl auch mit der SPD machbar gewesen. Es geht in Frankfurt diesmal weniger um Inhalte, als um machtpolitische, personelle und strategische Optionen.

Der Verhandlungsführer der Frankfurter CDU, Innenstaatssekretär Udo Corts - Wahlkampfmotto "hart durchgreifen!" - wurde in der letzten Landesvorstandssitzung für seine Beweglichkeit gelobt, so war in Wiesbaden zu hören. "Die Grünen sind eine Mittelstandspartei, sie werden von Golf spielenden Damen gewählt, die Angst vor vergifteten Nahrungsmitteln haben", so höhnte in diesen Tagen ein Landtagsabgeordneter des Ex-Koalitionspartners SPD. Ein Unionskollege, den die Grünen bislang dem "Stahlhelmflügel" zurechneten, lobt dagegen die neuen Partner; sie hätten sich als "gebildet und wohlerzogen" erwiesen. In der Landtagsdebatte über die Zukunft der Gentechnologie stritten in dieser Woche wertkonservative Unionisten an der Seite der grünen Skeptiker gegen die fortschrittsgläubigen Liberalen. Guido Westerwelle buhlt um die SPD, die Berliner können sich einen PDS-Mann als Regierenden Bürgermeister vorstellen. Und die CDU Alfred Dreggers verbindet sich in der Stadt, in der Joschka Fischer im Straßenkampf Polizisten attackierte, mit dessen Partei. Nichts scheint unmöglich in dieser Berliner Republik.

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