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Meinung: „Frankreich erfüllt seine Pflicht“

Als „arme Michèle“ hatte sie Jacques Chirac vor Jahren einmal bezeichnet. Ob der französische Präsident das mitfühlend oder herablassend gemeint hatte, ist heute nicht mehr zu ermitteln.

Als „arme Michèle“ hatte sie Jacques Chirac vor Jahren einmal bezeichnet. Ob der französische Präsident das mitfühlend oder herablassend gemeint hatte, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Doch es ist bezeichnend für das Ambiente, das in der politischen Klasse herrschte, in der sich Michèle Alliot-Marie ihren Weg bis hinauf in eines der Spitzenämter der Republik bahnte. Inzwischen wird die kurz MAM genannte, energische Politikerin allseits respektiert, als Verteidigungsministerin natürlich von den Militärs, denen sie eine fürsorgliche Dienstherrin ist, und als Politikerin von Chirac, dem sie als treue Gaullistin zur Seite steht. Wenn sie spricht, kann man annehmen, dass der Präsident dahintersteht.

Für die Öffentlichkeit war es daher die Stimme ihres Herrn, als Alliot-Marie kurz nachdem der UN-Sicherheitsrat eine Einigung über die von Frankreich mit den USA geforderte Resolution 1701 über den Waffenstillstand und die Entsendung von 13 000 Blauhelmen in den Südlibanon erzielt hatte, die französische Beteiligung an dieser Truppe und die Übernahme ihres Kommandos von zusätzlichen Bedingungen abhängig machte. „Ein UN-Mandat allein reicht nicht“, sagt die 59-Jährige. Man müsse den Soldaten auch erklären, bis wohin sie gehen können, und ihnen die materiellen und juristischen Mittel zur Erfüllung ihres Auftrags garantieren. Mit anderen Worten, die Resolution 1701 stellt nicht das „robuste Mandat“ nach Kapitel VII der UN-Charta dar, das Frankreich seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hisbollah und Israel gefordert hatte. Das hat Präsident Chirac jetzt auch noch einmal UN-Generalsekretär Kofi Annan dargelegt und die französische Beteiligung an der UN-Truppe auf vorerst 200 Mann bei dem geplanten Vorauskommando begrenzt. Paris erwartet eine klare Verpflichtung der libanesischen Regierung, selbst für die Entwaffnung der Hisbollah zu sorgen. Ferner besteht es auf dem Engagement arabischer und islamischer Länder. „Es geht nicht um einen Frieden, den der Westen den Muslimen aufzwingt, sondern um einen Frieden gegen den Krieg“, sagt Alliot-Marie.

Dass Frankreich seine Pflicht nicht erfülle, lässt die Ministerin nicht gelten. Von Anfang an habe es in der Libanonkrise „an vorderster Stelle“ gestanden und etwa die Versorgung der UN-Beobachtertruppe Unifil gesichert: „Jetzt aber muss das UN-Mandat präzisiert werden, sonst kann die Blauhelmmission sehr schnell zur Katastrophe führen.“

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