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Meinung: Frau oder schwarz

Die US-Demokraten im spannenden Zweikampf: Hillary Clinton gegen Barack Obama

Seit der Kongresswahl schauen Amerikas Demokraten in eine weitaus rosigere Zukunft als zuvor. Der deutliche Sieg gibt Rückenwind für den Kampf ums Weiße Haus 2008. Doch beim Blick auf das Feld der Kandidaten wird vielen bang. Der Wettlauf spitzt sich auf einen Zweikampf Hillary Clinton gegen Barack Obama zu. Noch nie haben die Amerikaner eine Frau an die Spitze ihrer Nation gewählt und noch nie einen Schwarzen. Das eine wie das andere wäre eine historische Premiere.

Die Aussicht, Geschichte zu schreiben, beflügelt einen Teil der Basis. Parteistrategen befürchten jedoch, die Masse der Wähler sei weniger idealistisch gestimmt. In den Südstaaten gibt es noch viele Rassenvorbehalte, im mittleren Westen dominiert ein traditionelles Frauenbild. Beim Gedanken an die Gefühle durchschnittlicher Bürger vor dem leeren Stimmzettel müsse man eher fragen: Was ist das größere Handicap – Geschlecht oder Rasse?

In den jüngsten Umfragen führt Hillary Clinton deutlich. 39 Prozent der eingetragenen Demokraten – und die entscheiden bei den Vorwahlen in den Einzelstaaten, wen die Partei ins Rennen schickt – wollen, dass sie antritt, 17 Prozent favorisieren Obama. (Es folgen John Edwards, Al Gore und John F. Kerry mit zwölf bis sieben Prozent.) Noch deutlicher wird Clintons Dominanz bei der Frage nach der zweiten Wahl der Basis. In der Summe kommt Hillary auf 60 Prozent, Obama auf 33.

Die Dynamik spricht freilich für den 45-jährigen Schwarzen. Seit er im Spätsommer mit einer gelungenen PR-Kampagne für sein neues Buch „The Audacity of Hope“ auf der nationalen Bühne auftauchte, fasziniert er das Publikum und wird in den Talkshows herumgereicht. Die Bürger sind enttäuscht von den etablierten Politikern, Obama erfüllt die Sehnsucht nach einem, der einfach anders ist.

Das gilt auch gegenüber Clinton: Jugend gegen Alter, Newcomer gegen Partei-Establishment, Charisma und Redetalent gegen trockene, detailwütige Sachkompetenz. Hillary, Senatorin von New York seit 2000, hat für den Irakkrieg gestimmt und für die sukzessive Finanzierung der Truppen. Obama, der erst nach Kriegsbeginn 2004 in den Senat gewählt wurde, stimmte gegen die Bewilligung der Kriegskosten.

Sein größter Vorteil: Die Neugier auf ihn wird noch lange nicht gesättigt sein. Mit geschicktem Auftreten kann er Bürger für sich gewinnen, er hat ein Potenzial zur Erschließung weiterer Wählerschichten. Clintons Möglichkeiten sind da eng begrenzt. Fast jede Bürgerin und jeder Bürger hat bereits eine Meinung über sie, Zustimmung und Ablehnung halten sich ungefähr die Waage.

Natürlich, die US-Präsidentenwahl ist vor allem eine Persönlichkeitswahl. Am Ende kommt es darauf an, wen die Republikaner ins Rennen schicken, und das ist noch offen. Finden sie einen überzeugenden frischen Kandidaten ohne das Handicap von Rasse oder Geschlecht, könnten am Ende die bösen Zungen recht behalten, die sagen: Bei der Alternative Clinton oder Obama stünden die Demokraten nicht vor der Entscheidung, wem sie den Sieg eher zutrauen, sondern mit wem sie die dritte Präsidentenwahl in Folge verlieren.

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