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Meinung: Frauen bei der Bundeswehr: Truppenbild mit Dame

Als Herodot den alten Griechen einmal eine richtige Schauergeschichte präsentieren wollte, da hat er ihnen von den Amazonen erzählt. Die alten Griechen hatten nämlich sehr klare Vorstellungen davon, was eine Frau tun sollte und was nicht.

Von Robert Birnbaum

Als Herodot den alten Griechen einmal eine richtige Schauergeschichte präsentieren wollte, da hat er ihnen von den Amazonen erzählt. Die alten Griechen hatten nämlich sehr klare Vorstellungen davon, was eine Frau tun sollte und was nicht. In den Krieg ziehen jedenfalls nicht. Deshalb haben sie in Athen und Sparta den Kopf geschüttelt über diese sagenhafte Reiterarmee Schwerter schwingender Weiber. Dieses Kopfschütteln hat im Abendland gut zweieinhalb Jahrtausende lang nachgewirkt - aber allmählich ist es damit vorbei. Jetzt rücken Frauen zum Waffendienst bei der Bundeswehr ein, und kein Mensch regt sich darüber auf.

Die Selbstverständlichkeit, mit der die ersten jungen Frauen in die Grundausbildung gehen, ist um so bemerkenswerter, als der Zeitpunkt unlogisch ist. Die kleine Revolution vollzieht sich nicht im Kalten Krieg, wo doch nach offizieller Lesart jeder Finger am Abzug eines Gewehrs dringend erwünscht war und wo der damals wahrscheinlichste aller Kriege, die große Schlacht in Mitteleuropa, ohnehin Militärs wie Zivile, Männer wie Frauen zu seinen Opfern gemacht hätte. Nein, die Frau in Olivgrün wird paradoxerweise genau in dem Moment möglich, in dem ein - wenn auch begrenzter - Einsatz zum Alltag der Bundeswehr zu werden beginnt: gestern Bosnien, heute Kosovo, und morgen?

Tatsächlich hat die Neuerung mit Veränderungen beim Militär sehr wenig zu tun, dafür um so mehr mit Veränderungen der Gesellschaft. Junge Frauen sind heute gleichberechtigt - in einem Maße, von dem ihre frauenbewegten Mütter nur träumten. Deren Erzählungen, wie sie sich in einer geschlossenen Männergesellschaft trotzdem nach oben geboxt haben, klingen schon fast so fern wie die Sage von den Amazonen. Nicht zu vergessen übrigens: "Frauen in die Bundeswehr" ist eines dieser Projekte, für die es wohl eines Regierungswechsels bedurft hat.

Nun sollen sich die frisch gebackenen Rekrutinnen nicht täuschen lassen. Die Bundeswehr ist einer der letzten Männerbünde unserer Zeit. Deren Geist, auch deren Ungeist gehört - Innere Führung hin, Staatsbürger in Uniform her - zum Traditionsbestand. Das wird sich erst allmählich ändern. Aber es wird sich ändern - so wie es sich in den Büros geändert hat und in den Fabriken.

Insofern ist der Zeitpunkt eben doch wieder logisch: Soldat sein ist inzwischen schon fast ein Beruf unter vielen. Ob heute eine Frau ein Unternehmen leitet oder morgen eine Frau ein Panzerbataillon - worin besteht der Unterschied? Die Töchter der Rekrutinnen von 2001 werden schon nicht mehr verstehen, was diese Frage bedeutet. Willkommen, Amazonen!

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