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Autor Matthias Kalle.

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Frauen in den Medien: Warum die Quote richtig ist

In einem offenen Brief fordern Journalistinnen eine Frauenquote von 30 Prozent bei den Top-Positionen in deutschen Medien. Dieser Aufruf ist voll und ganz zu unterstützen, meint unser Kolumnist.

Endlich bin ich mal Schuld. Ich bin Schuld daran, dass beim „Zeit Magazin“ die Frauenquote nicht so gut ist, wie sie sein könnte, denn seit dem 1. Januar bin ich stellvertretender Chefredakteur des Magazins, diesen Posten besetzte bis zu diesem Zeitpunkt meine Kollegin Tanja Stelzer, sie wechselte auf eigenen Wunsch in ein anderes Ressort innerhalb der „Zeit“, deshalb habe ich den Job bekommen. Deshalb, und wohl auch, weil ich den Job ganz gut kann.

Die Frauenquote in Führungspositionen beim „Zeit Magazin“ liegt jetzt bei 40 Prozent – wäre Tanja noch hier, wäre sie logischerweise höher, trotzdem bin ich stellvertretender Chefredakteur einer Redaktion, die die geforderte Quote von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen übererfüllt.

Hä? Frauenquote? In welchem Jahr leben wir? 2012, und vor einer Woche haben mehr als 300 Journalistinnen einen Aufruf unterzeichnet, in dem sie Chefredakteure, Intendanten und Herausgeber auffordern, mindestens 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen – und zwar in den kommenden fünf Jahren. Dieser Aufruf ist voll und ganz zu unterstützen.

Wieso? Weil er richtig ist. Weil er wichtig ist. Initiiert wurde das ganze von eher jüngeren Frauen, also von der Generation, von der man immer dachte, sie würde die Kämpfe ihrer Mütter und ihrer älteren Schwestern nicht mehr kämpfen wollen. Und die dann doch unzufrieden sind mit ihrer Situation – und das völlig zurecht.

Vor einem Jahr habe ich einen Text von einem jungen Kollegen mit sogenanntem Migrationshintergrund gelesen. In diesem Text begrüßt der Kollege die Tatsache, dass Philipp Rösler Minister ist. Nicht, weil er dem Mann politisch sonderlich nahe stehen würde – sondern wegen der Kraft des Bildes. Da ist einer also Bundesminister für Wirtschaft und Vizekanzler, der in Vietnam geboren wurde und auch so aussieht. „Spielt doch keine Rolle!“, sagen die Aufgeklärten unter uns – aber das tut es eben doch. Und es wird erst keine Rolle mehr spielen, wenn das Bild eines Bundesministers eben das Bild von Rösler ist – und nicht von Rainer Brüderle. Es tut gut. Es wirkt.

Angela Merkel ist Bundeskanzlerin, und man kann von ihrer Politik halten, was man will – es ist gut, das sie Bundeskanzlerin ist, nach sieben Jahren wirkt es selbstverständlich – Frauen sind in der Lage dieses Land zu regieren. Auch das weiß man theoretisch schon länger, aber die, die das eben nicht wissen, nicht wissen wollten, die brauchen das Bild einer Kanzlerin, ob es ihnen gefällt, oder nicht.

Die Macht der Bilder. Warum zum Beispiel muss man in jeder Reportage über den Pflegenotstand Bilder von Pflegerinnen zeigen? Um deutlich zu machen, dass es sich hierbei um einen Frauenjob handelt? Natürlich gibt es mehr weibliche als männliche Pfleger, aber ich glaube, wenn man andauernd auch nur Pflegerinnen sieht, dann hält man das irgendwann für ein Naturgesetz.

Ähnlich sieht es bei den Erzieherinnen aus: Es ist ein großes Unglück, dass man in den sogenannten Medien immer nur Frauen sieht, wenn es um diesen Beruf geht. So kann niemand auf die Idee kommen, dass es auch ein Beruf für Männer ist – das Unglück besteht darin, das Kinder männliche Erzieher brauchen, sie werden dringend gesucht, aber das Bild des Erzieherberufs ist ein weibliches.

Wenn ich mich in diesen Tagen mit Frauen in meinem Alter unterhalte, dann sagen sie oft: „Eigentlich bin ich ja gegen die Quote, aber...“ Und dieses „aber“ ist das entscheidende. Eigentlich sind wir schon irre weit, aber... Eigentlich könnte alles so schön sein, aber... Eigentlich sind Frauen und Männer ja längst gleichgestellt, aber... Sie sind es eben nicht, trotz allem, und deshalb ist die Quote richtig.

Frauen sind nicht die besseren Chefs, sie sind auch nicht die besseren Menschen – ja, sie sind nicht mal „genau so“ wie Männer. Und das ist dann doch die große Chance, die gute Nachricht.

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