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Burkaverbot: Frauenbeschützer in Brüssel und Teheran

Burkaverbot in Belgien, Sonnenbräuneverbot in Iran. Hier wie dort wird das Wohl der Frauen als Argument genutzt. Doch wenn es den Belgiern wirklich darum ginge, müssten sie ganz anders handeln. Ein Kommentar.

In Belgien werden Burkas verboten. In Teheran soll der Polizeichef der iranischen Hauptstadt angekündigt haben, seine Beamten würden künftig streng gegen Frauen mit Sonnenbräune vorgehen. Den einen zeigen Frauen zu wenig Haut, den anderen zu viel. In beiden Fällen wird das Wohl der Frauen beschworen, doch darum geht es weder in Brüssel noch in Teheran.

Dass das Regime im Iran seine Macht durch religiös begründete Repression festigen will, ist schlimm, aber nicht überraschend. In Europa sollte Frauenbefreiung anders aussehen.

Das im Westen häufig angeführte Argument für ein Verbot von Burka, Kopftuch oder Nikab, dem arabischen Ganzkörperschleier mit Sehschlitz, ist fadenscheinig. Die Gesellschaft müsse die Frauen davor schützen, von Männern zu einer bestimmten Art von Kleidung gezwungen zu werden, heißt es. Merkwürdigerweise soll der Schutz für die Frauen also darin bestehen, sie zu bestrafen. Das hinter der Burka vermutete Problem der Frauenunterdrückung wird nicht gelöst, sondern ausgeblendet, indem man den Schleier aus dem Straßenbild verbannt – und die Frau im Schleier gleich mit.

Wenn es den Politikern in Belgien oder in anderen westeuropäischen Ländern mit Plänen für ein Burka-Verbot tatsächlich um die Frauen ginge, dann müssten und könnten sie ganz anders handeln. Sie könnten die Frauen durch Ausbildung, Arbeitsplätze und ein ausreichendes Angebot von Fluchtmöglichkeiten wie Frauenhäuser in die Lage versetzen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Eine Frau, die eine eigene Lebensperspektive und einen eigenen Job hat, ist wirtschaftlich nicht mehr von ihrem möglicherweise religiös-ideologisch verbohrten Ehemann abhängig. Sie kann sich frei entscheiden.

Das Problem ist: Solch ein Modell wäre aufwändig, teuer und zeitraubend. Für die Lösung ist Empathie und ein langer Atem erforderlich. Und obendrein würde ein Engagement für die Frauen bedeuten, dass die Gesellschaft es am Ende akzeptieren muss, wenn eine Frau sich aus freien Stücken verhüllt, auch wenn es der Mehrheit nicht passt. Eine Abstimmung im Parlament, bei der sich alle als Verteidiger des Abendlandes gegen den bösen Islam aufspielen können, ist da schon einfacher.

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