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Deutschland ist raus. Im Finale der Frauenfußball-WM kämpfen Japan und die USA um den Pokal.

© dpa

Frauenfußball-WM: Rechtzeitig rausgeflogen

Statt Jubel gab es Tränen, die deutschen Frauen haben spielerisch enttäuscht, der Boom wird ausbleiben. Kurzum: Besser hätte die WM für den Frauenfußball in Deutschland und der Welt gar nicht laufen können.

Den Pokal werden andere holen, die deutschen Spielerinnen müssen zuschauen oder sind schon im Urlaub. Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen geht heute zu Ende, aus Sicht der Nationalmannschaft war sie eine Enttäuschung, das beherrschende Thema war ein hässlicher Streit zwischen Bundestrainerin und Kapitänin.

Die Pläne waren die größten. Nach dem Willen der Organisatoren beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) sollte die Nationalmannschaft begeistern, die Herzen der Fans und die Budgets der Sponsoren gewinnen. Aus den zwei Welten des Frauenfußballs – hier die Bundesliga mit einem Schnitt von 836 Zuschauern pro Spiel, dort die Nationalmannschaft im ausverkauften Olympiastadion mit 73 680 Plätzen – sollte eine werden. Angesichts des krassen Unterschieds zwischen diesen Zahlen wird klar, wie größenwahnsinnig der Plan war. Es ist eine traurige, aber treffende Pointe, dass die Spielerinnen an diesem Druck, der unübersehbar auf ihnen lastete, scheiterten.

Der Quantensprung in der Entwicklung des Frauenfußballs wird ausbleiben, zum Glück. 1999 war nach dem WM-Titel der Amerikanerinnen im eigenen Land eine Profiliga aus dem Rasen gestampft worden. Doch das Publikumsinteresse war nur von kurzer Dauer, nach drei Spielzeiten wurde der Betrieb mit immensen Schulden eingestellt. Ein erneuter Goldrausch bleibt dem Frauenfußball jetzt erspart. Stattdessen kann die Sportart wachsen, in ihrem eigenen Tempo. In den vergangenen drei Wochen saßen viele Jungen wie Mädchen auf den Tribünen und waren von der Atmosphäre begeistert. Diese Generation wird es selbstverständlich finden, dass Frauen Fußball spielen, vor großem Publikum, für Geld, professionell in jeder Hinsicht. Und sie wird zittern und jubeln, wenn das deutsche Nationalteam spielt. Denn nach dieser WM ist klar, dass die Dominanz vorbei ist, das Turnier war spannend wie nie – und nichts ist schlechter für einen Sport, als schon vor dem Anpfiff zu wissen, wer am Ende den Pokal in die Höhe streckt. Wer hätte auf ein Finale zwischen Japan und den USA gesetzt? Das Fernsehen hat alle Spiele live übertragen, die Einschaltquoten waren nicht nur bei den deutschen Spielen beachtlich. Jeder hat die Dramatik gesehen – und auch die Fehlpässe. Jeder konnte seine eigenen Schlüsse ziehen. Wer behauptet, Frauenfußball sei langsam, läppisch und zum Gähnen, kann das natürlich weiterhin tun. Aber er muss jetzt mit fundierten Gegenargumenten rechnen.

Der Frauenfußball ist mit der WM in der Öffentlichkeit angekommen – und darf kritisiert werden. Nur der DFB hat das noch nicht verstanden, wie die Debatte um Bundestrainerin Silvia Neid gezeigt hat. Der Verband versuchte, jede Diskussion sofort zu ersticken, Neid selbst warf ihrem Potsdamer Kontrahenten Bernd Schröder sogar vor, seine Kritik habe einen „Ehrenkodex“ verletzt. Der DFB will, dass jeder die Spielerinnen anfassen darf, aber bitte nur sachte. Der Verband wollte die WM so groß wie möglich machen, nahm sie aber selbst nicht ernst. Aber da kommt der Frauenfußball auch noch hin – wenn es ihm gelingt, die Zuschauer weiter zum Mitfiebern zu bringen. Dafür braucht es gar keine Titel.

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