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Mehr Frauen!

© dpa

Frauenquote: Wer Gleichberechtigung will, muss an die Männer denken

Union und SPD haben sich auf eine Frauenquote geeinigt. Aber die Wahrnehmung von Frauen in der Arbeitswelt wird sich erst durch etwas anderes wirklich ändern.

Eine Quote ist fast nie befriedigend. Weil das Instrument, das die Diskriminierung der einen verhindern soll, immer den anderen benachteiligt. Denjenigen, der zwar qualifiziert ist, aber nicht das zu fördernde Geschlecht oder die entsprechende Hautfarbe hat. Und weil die Person, die einen Job bekommen hat, immer ein wenig in dem Verdacht steht, eben nicht wegen ihrer Qualifikation auf dieser Stelle zu sitzen.

Trotzdem haben sich Union und SPD jetzt auf die Einführung einer Quote geeinigt, ein Kompromiss zwischen starren 30 Prozent für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen und einer flexiblen Quote für Führungspositionen unterhalb der Vorstände. Eine Lösung, die weder Gegner noch Befürworter richtig glücklich macht.

Also was soll die Frauenquote überhaupt erreichen? Am besten ihre rasche Selbstabschaffung, wenn Frauen und Männer im Beruf selbstverständlich gleich behandelt werden. Dabei schaden die jetzt beschlossenen 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen vermutlich nicht. Wer aber wirkliche Gleichbehandlung will, darf die Männer nicht vergessen.

Der Hauptgrund dafür, dass Mädchen und Frauen mindestens genau so gut ausgebildet sind wie Jungen und Männer, aber nach einigen Jahren im Beruf auf einmal doch wieder die Männer in der Mehrheit sind, ist immer noch das klassische Rollenbild: Die Hauptverantwortung für Familie und Kinder liegt bei der Frau. Zwei Beispiele aus den vergangenen Tagen, wie tief dieses Denken verwurzelt ist:

Vergangene Woche stellte Victoria Beckham, früheres Spice-Girl, jetzt Designerin und seit Jahren mit Fußball-Star David Beckham verheiratet, ihre neue Kollektion in einer Münchner Boutique vor. Und was wurde die vierfache Mutter gefragt? Wie sie denn das alles (gemeint: Modemachen und vier Kinder haben) unter einen Hut bringe. Abgesehen davon, dass die Familie Beckham sicher über eine Heerschar an Haushaltshilfen, Reinigungskräften, Gärtnern, und so weiter verfügen dürfte, die einem lästige Alltagsaufgaben abnimmt, stelle man sich nur mal vor, Herrn Beckham wäre diese Frage gestellt worden.

Zweites Beispiel: In der FAS wurde am Sonntag Annika Falkengren, Chefin der SEB, Schwedens zweitgrößter Bank, interviewt. Der Reporter wollte wissen: "Als sie CEO wurden, war Ihr Baby erst ein paar Monate alt. Wie haben Sie das hingekriegt?" Die Antwort: "In einem Paar können nicht beide CEO sein." Dabei, so Falkengren, arbeite ihr Gatte "durchaus Vollzeit". Aber er sei "eben auch kein Vorstandschef. So hat er mehr Zeit, sich nach Feierabend um Haus und Familie zu kümmern." Da möchte einem der Ehemann von Frau Falkengren fast Leid tun. Schließlich hört sich das sehr nach dem Schicksal vieler Frauen an, die neben ihrem Beruf noch die Hauptverantwortung für Haus und Kinder tragen dürfen.

"Das Sitzfleisch triumphiert über den Geist"

Nun kann - und will vielleicht auch - nicht jeder Mensch Chief Executive Officer werden. Aber wenn bereits in weniger hohen Positionen vor allem derjenige Karriere macht, der am längsten am Schreibtisch sitzt und Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit signalisiert, wird es schwierig. Die RBB-Intendantin Dagmar Reim hat hier in einem Interview mal vom "Triumph des Sitzfleisches über den menschlichen Geist" gesprochen. Eine gleichberechtigte Partnerschaft bei der häuslichen Aufgabenverteilung ist so kaum möglich. Eine nicht-empirische Umfrage unter jungen Vätern zeigt im Übrigen, dass fast alle von ihnen gerne länger Elternzeit nehmen würden. Doch dass das offenbar in vielen Unternehmen gleich gesetzt wird mit der Ansage, lieber keine Karriere mehr machen zu wollen.

Ist eine Frau Mutter geworden und kehrt nach der Elternzeit ins Unternehmen zurück, ist die erste Frage meistens die nach der künftigen Arbeitszeit. Beim jungen Vater geht niemand selbstverständlich davon aus, dass er jetzt erst einmal Teilzeit arbeitet. Dabei haben sich Union und SPD gerade auch auf ein "Elterngeld plus" geeinigt, wenn dann Teilzeit gearbeitet werden soll. Dagmar Reim, die im übrigen für eine flexible Quote eintritt, regt an, "die Arbeit so zu strukturieren, dass Familienleben möglich ist". Fürs Unternehmen heißt das zum Beispiel, eine Führungsposition künftig unter zwei MitarbeiterInnen aufzuteilen, als nur mit einer Person zu besetzen.

Die Wahrnehmung von Frauen in der Arbeitswelt wird sich jedenfalls erst dann grundlegend ändern, wenn auch Männer die Freuden des Vaterseins entdecken. Die Quote ist da nur ein Element. Völlig kontraproduktiv aber ist so etwas wie das von der Union eingeführte Betreuungsgeld. Da wird ein Klischee bedient, das den gesellschaftspolitischen Zielen total entgegenläuft. Könnten sich die Koalitionsverhandler zur Abschaffung der nicht umsonst so genannten Herdprämie durchringen, wäre das ein gutes Signal für die Gleichberechtigung.

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