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Meinung: „Freude, Einfachheit, Barmherzigkeit“

Bruder Alois versucht gar nicht erst, seine Herkunft aus Stuttgart zu verbergen. Er schwäbelt herzhaft.

Bruder Alois versucht gar nicht erst, seine Herkunft aus Stuttgart zu verbergen. Er schwäbelt herzhaft. Der neue Prior der Brudergemeinschaft in Taizé hat auch nach über 30 Jahren in Frankreich seinen heimischen Dialekt nicht abgelegt. Das macht den 51-jährigen Katholiken für viele seiner 100 Mitbrüder umso sympathischer. Sie nennen ihn „Erzengel“, weil er immer lächle und so fröhlich sei, ein „freundlicher Missionar“. Keine schlechte Voraussetzung, um das Erbe von Frère Roger anzutreten, der mit seiner friedvollen und charismatischen Ausstrahlung Jugendliche aus aller Welt für die ökumensiche Gemeinschaft begeistert hatte.

Auch Alois Löser aus Stuttgart zog es schon als Jugendlichen immer wieder in das kleine Dorf in Burgund. Die Begegnung mit Brüdern, die glaubhaft vorleben, dass das Evangelium kein Traum ist, dass man ohne Hass und Neid alles teilen kann, auch die Lasten, hatte ihm imponiert – so sehr, dass er sich mit 19 Jahren entschloss, selbst ein mönchisches Leben zu führen und der Gemeinschaft beizutreten. Frère Roger hat ihn vor acht Jahren zu seinem Nachfolger bestimmt, in letzter Zeit hat man ihn immer häufiger an dessen Seite gesehen. Viele deutsche Taizé-Fahrer kennen den schlanken, blonden Bruder Alois, weil er in der Gemeinschaft für die Kontakte zu Deutschland zuständig war und zahlreiche Jugendtreffen im Ausland organisiert hat, darunter auch das Europatreffen vor zwei Jahren in Hamburg. In den vergangenen Jahren ist er durch Osteuropa gereist, um auch die dortigen Jugendlichen für die Idee der Versöhnung und Verständigung der Nationen und Religionen zu gewinnen.

Er ist ruhiger und stiller als sein Vorgänger. „Wir gehen in Taizé sparsam mit den Worten um“, sagt er. Wichtiger als Reden sei das Lesen und Hören der Heiligen Schrift und der Gesang. „In den Liedern wird etwas geweckt und die Singenden bleiben nicht passiv.“ Auch die Persönlichkeit des Einzelnen steht in Taizé nicht im Mittelpunkt, es ist die Gemeinschaft, die zählt, das einfache Leben, in dem sich keiner in den Vordergrund spielen soll. Auch als Prior werde er sich als „Diener der Gemeinschaft“ verstehen, sagt Bruder Alois.

Am Wochenende war er zum Weltjugendtag nach Köln gekommen. Schockiert fuhr Bruder Alois am Dienstagabend wieder ab, gleich nachdem er erfahren hatte, dass Frère Roger getötet worden war. Am Mittwochvormittag übernahm er in Taizé die Geschäfte.

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