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Meinung: Frieden schaffen mit weniger Atomwaffen

Vielleicht hat Barack Obama den Friedensnobelpreis ein Jahr zu früh erhalten. Verdient hat er ihn spätestens mit dem Abschluss des neuen Start-Vertrags, der die strategischen Atomwaffen um fast ein Drittel reduziert.

Vielleicht hat Barack Obama den Friedensnobelpreis ein Jahr zu früh erhalten. Verdient hat er ihn spätestens mit dem Abschluss des neuen Start-Vertrags, der die strategischen Atomwaffen um fast ein Drittel reduziert. Der Vertrag kann die Welt ein gutes Stück sicherer machen.

Historisch daran ist weniger die Zahl der Sprengköpfe, die die USA und Russland vernichten. Sie behalten immer noch mehr, als sie brauchen. Entscheidend ist der Wandel im Denken. Die beiden Supermächte, die über 90 Prozent der strategischen Atomraketen gebieten, gestehen ein, dass diese Waffen ihrer Sicherheit heute mehr schaden als nutzen. Ein halbes Jahrhundert lang war das anders. Im Kalten Krieg galt die Abschreckung. Das Wissen, dass ein Atomangriff den Gegner auslöscht, aber mit dem vernichtenden Gegenschlag beantwortet würde, der das eigene Land ausradiert, war die beste Garantie, dass es nie willentlich zum Atomkrieg kommt.

Die neue Parole lautet: Wir streben eine Welt ohne Atomwaffen an. Das ist nicht ganz ehrlich. Ein bisschen nukleare Abschreckung wird man weiter haben wollen – als Rückversicherung, dass kein Böswilliger heimlich doch eine Atomwaffe baut und andere Staaten damit erpresst oder sie gar einsetzt, weil er keine vernichtende Strafe mehr fürchten muss.

Gegen die neuen Gefahren, allen voran den internationalen Terrorismus, helfen Atomwaffen jedoch gar nicht. Im Gegenteil, je mehr spaltbares Material und Sprengköpfe es gibt und Wissenschaftler, die die Technik beherrschen, desto größer die Gefahr eines nuklearen Terroranschlags.

Frieden schaffen kann man heute nur mit immer weniger Atomwaffen, wenn auch nicht ganz ohne. Doch der Konsens des Non Proliferation Treaty (NPR), des Nichtverbreitungsvertrages, wonach die Zahl der Staaten mit Atomwaffen eingefroren werden muss und kein weiteres Land sie entwickeln darf, hat an Glaubwürdigkeit verloren. Erstens, weil die Supermächte an ihren großen Arsenalen festhielten. Zweitens brachen Indien, Pakistan, Brasilien, Südafrika, Israel und andere den NPR, ohne bestraft zu werden. Über kurz oder lang wäre das ganze System zusammengebrochen. Der politische Hauptnutzen des Start-Vertrags liegt darin, dass er der Idee wieder etwas mehr Überzeugungskraft verleiht. Weil die USA und Russland atomar abrüsten, dürfen sie mit größerem Recht fordern, dass Iran und andere keine Bombe entwickeln. Und wegen des Start- Vertrags wird die internationale Unterstützung dafür wachsen.

Deutschland hält am guten Beispiel fest: Es strebt keine atomare Bewaffnung an. Der Bundestag stiftet aber Verwirrung, wenn er den einseitigen Abzug der US-Waffen aus Deutschland fordert. Die mehr als 2000 russischen taktischen Atomwaffen, die im Kriegsfall in Deutschland und Polen explodieren würden, sollten den Abgeordneten mehr Sorgen bereiten. Wer Deutschland schützen will, muss die Doppel-Null fordern: Weg mit allen russischen taktischen Nuklearwaffen – und erst parallel dazu auch mit den amerikanischen.

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