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Meinung: Fröhliche Einheiten

Von Lorenz Maroldt

Zwei Zyniker sind am Ziel. Schön für sie, dass sie es zufällig zum 9. November schafften. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine haben eine deutsche Leiche wiederbelebt, und zu diesem Zweck ließen sie scheinheilig einen Mann leiden, dem es zuvor schon erkennbar gar nicht gut ging dabei und dem es jetzt noch schlechter geht. Viermal schickten sie Lothar Bisky vor, um ihn schlagen zu lassen, viermal holten sie tief Luft, dann trompeteten sie los: „Damit sagt man Millionen Ostdeutschen, dass man sie nicht für würdig hält, Deutschland in irgendeiner Form zu repräsentieren“ (Gysi), von einer „Kränkung vieler Ostdeutscher“ sprach Lafontaine.

Die jetzt wieder lebende Leiche ist der politisch gedemütigte Ostdeutsche. Da können noch so viele Merkels, Platzecks und Thierses in hohen und höchsten Ämtern landen – wenn die PDS bei einer Wahl verliert, behauptet sie dummdreist drauflos, hier werde „der Ostdeutsche“ geprügelt, für den sie einen Alleinvertretungsanspruch erhebt. Echt ist der Ostdeutsche für die PDS nur, wenn er eine „kritisch-loyale DDR-Biographie“ hat. Das ist die wahre Ausgrenzung.

Gysi, dem manche zugute halten, er habe so viel für die Integration verunsicherter, fröstelnd-frustiger SED-Seelen in die hochnäsige Westwelt getan, treibt den Keil immer tiefer. Jetzt hat er auch noch für seine Zwecke nützliche Nazis entdeckt, leider schon alle verstorben, aber egal: Hätte Bisky in seiner Jugend „Mein Kampf“ gelesen und wäre er NSDAP-Mitglied gewesen, behauptet Gysi in Anspielung auf Kiesinger, wäre er in dieser verlogenen Gesellschaft womöglich sogar Kanzler geworden. Schöne Dialektik: Wer gegen Bisky ist, ist für Kiesinger, wer für Kiesinger ist, ist Nazi, und wer Nazi ist, hat uns zu wählen oder gar nichts zu sagen.

Biskys Gegner hätten gezeigt, dass sie „in der Einheit noch nicht angekommen“ seien, verlautet sogar aus dem Westflügel der PDS. Das ist so falsch verschwurbelt gesprochen wie gedacht. Klare, wahre Worte fand, ausgerechnet, Lothar Bisky. Anders als Gysi sieht er sein Scheitern im Parlament „nicht als Signal der Ausgrenzung von Millionen Bürgern in Ostdeutschland“. Ja ja, vielleicht hätten sie ihn doch wählen sollen.

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