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Meinung: FU-Medizin: Abbau West

Berlin will sparen! 190 Millionen Mark jährlich durch die Schließung der Medizin-Fakultät an der Freien Universität, dazu weitere 250 Millionen Sanierungskosten für das Benjamin-Franklin-Klinikum in Steglitz.

Berlin will sparen! 190 Millionen Mark jährlich durch die Schließung der Medizin-Fakultät an der Freien Universität, dazu weitere 250 Millionen Sanierungskosten für das Benjamin-Franklin-Klinikum in Steglitz. Das ist ein ganz hübsches Sümmchen für die von Sparzwängen gebeutelte Stadt. Und doch ist es das falsche Signal und die falsche Entscheidung.

Das wichtigste Argument gegen die Demontage: Damit wird der Wachstumsbranche Medizin und Biotechnik der Hahn nahezu abgedreht - und das ausgerechnet in Berlin. Die Medizinforschung in der Stadt wurde in den letzten Jahren beachtlich verbessert, die Fördermittel von außen sind dementsprechend beträchtlich gestiegen. Zum Beispiel in der Genom-Forschung, die in Dahlem Wurzeln geschlagen hat und nun kräftige wirtschaftliche Triebe entwickelt. Dieser besonders zukunftsträchtige Zweig aktueller Forschung wäre nun in Gefahr.

Bei der Zahl der Biotechnik-Firmen liegt Berlin inzwischen bundesweit an der Spitze. Das war noch vor wenigen Jahren undenkbar und wird von den traditionell starken deutschen Medizin-Standorten München und Heidelberg mit Neid beobachtet. Nicht ohne Grund haben führende Wirtschaftsvertreter in den letzten Monaten mit Engelszungen auf die Berliner Politiker eingeredet, die innovativen Bereiche der Stadt nicht anzutasten. Gefruchtet hat es nichts.

Der Aufschwung in Gefahr

Berlin hat den Aufbruch geschafft, ohne eine finanziell starke Ausstattung der Hochschulmedizin wäre das nicht gelungen. Eine andere Chance als Wissenschaft und Forschung hat die Stadt auch nicht. Berlin sollte den Mut haben, sich zu diesen Stärken zu bekennen. Der Aufschwung hat fähige Köpfe in die Stadt gebracht. Wird die Wissenschaft zurückgefahren, werden sie Berlin wieder den Rücken kehren.

Für die Freie Universität könnte die Schließung ihrer Medizin-Fakultät der Anfang vom Ende sein. Sie bleibt als Torso zurück. Qualifizierte Arbeitsplätze gehen verloren, ebenso die Fördermittel des Bundes und der Industrie. Womöglich müsste die Stadt Investitionen des Bundes in die Hochschulbauten zurückzahlen. Darüber hinaus sind viele praktische Fragen ungeklärt, etwa die Zukunft der Mediziner-Ausbildung. Wohin mit den Studenten? Selbst wenn die Politik jetzt die Schließung des Klinikums verfügt, würde es kaum gelingen, sie rasch umzusetzen. Der Spareffekt wäre ungewiss, der Schaden aber träte sofort ein. Die Stadt wickelt ab, was sie doch entwickeln sollte.

Deshalb sollte die rot-rote Koalition ihren fantasielosen Beschluss revidieren. Wahr ist: Medizinforschung ist kostspielig. Aber es gibt andere Möglichkeiten, Berlin in diesem Bereich zu entlasten. Denkbar wäre zum Beispiel eine engere Zusammenarbeit zwischen Charité und FU-Medizin, bis hin zu der Gründung einer einzigen autonomen Medizinischen Hochschule für Berlin.

Auch über Privatisierungsmodelle und Studiengebühren sollte diskutiert werden. Es ist allemal besser, die heiligen Kühe von einst zu schlachten, als der Stadt die Zukunft zu verbauen. Und dem Franklin-Klinikum, das in den letzten Jahren alles richtig gemacht und sich reformiert hat, sollte seine Chance nicht genommen werden.

Wer ein erfolgreiches Universitätsklinikum abbaut, spart höchstens Geld auf dem Papier. Tatsächlich verliert die Stadt - auch finanziell.

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