zum Hauptinhalt

Meinung: Fünfzehn Sekunden Ruhm

Stellen Sie sich vor, sie laufen eine Kaufhaustreppe hinunter, unten stehen 150 Leute und empfangen Sie mit Klatschen und Gejohle, als wären Sie Elizabeth Taylor. Eine Minute später ist der Spuk vorbei.

Stellen Sie sich vor, sie laufen eine Kaufhaustreppe hinunter, unten stehen 150 Leute und empfangen Sie mit Klatschen und Gejohle, als wären Sie Elizabeth Taylor. Eine Minute später ist der Spuk vorbei. Das kann Ihnen in den nächsten Wochen passieren. Sie werden dann Opfer eines „Flash Mobs“. Das ist eine „soziale Bewegung“ aus den USA, vielleicht auch nur der Sommerulk des Jahres. 150 Leute treffen sich am Bahnsteig, stellen Passanten Fragen wie: „Guten Tag, sind Sie Herr Do von Mitsubishi? Ich bin Frau Schröder von Siemens. Darf ich Sie zu meinem Vorstandsvorsitzenden begleiten?“ Kaum hatte der Tagesspiegel am Mittwoch die wichtigste Website dieser „Bewegung“ veröffentlicht, brach sie wegen des Ansturms zusammen. Entschuldigung, aber wer kann wissen, dass Hacken so einfach ist. Die Bewegung arbeitet streng ohne Profit. Merkwürdig nur, dass ein USKulturwissenschaftler seine Studie pünktlich zum Start der Bewegung veröffentlicht hat. In Deutschland gibt es keine soziale Bewegung, die sich nicht spaltet. In diesem Fall spaltete sie sich gestern schon vor der ersten Aktion. Über die Frage, wer wann die erste Flash-Mob-Aktion in Deutschland – natürlich in Berlin – durchführen und sich damit brüsten darf. Bestimmt ist alles bald vorbei. Oder nicht: Die Love Parade fing auch mit 150 Leuten an. os

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false