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Meinung: Fußball-Transfersystem: Warum Fußballer nicht die Rechte anderer EU-Bürger haben

Fünf Monate haben die EU-Kommission, der europäische Fußballverband und der Weltverband miteinander gerungen, auf welche Weise Berufsfußballer den Gesetzen der europäischen Gemeinschaft unterzuordnen sind. Nun haben sie einen Kompromiss gefunden, und es stellt sich die Frage, ob angestellte Fußballer eben doch keine normalen Arbeitnehmer sind.

Fünf Monate haben die EU-Kommission, der europäische Fußballverband und der Weltverband miteinander gerungen, auf welche Weise Berufsfußballer den Gesetzen der europäischen Gemeinschaft unterzuordnen sind. Nun haben sie einen Kompromiss gefunden, und es stellt sich die Frage, ob angestellte Fußballer eben doch keine normalen Arbeitnehmer sind. Denn die Konsequenz, mit der die EU noch 1995 im Falle des um Freizügigkeit klagenden belgischen Profis Jean-Marc Bosman urteilte, fehlt dem jetzt gefassten Beschluss. Berufsfußballer dürfen nicht, wie jeder europäische Bürger, den Arbeitsplatz nach Gusto und Ablauf der Kündigungsfrist wechseln - wollen sie es doch, müssen sie einen neuen Arbeitgeber finden, der sie mit horrenden Summen aus dem laufenden Vertrag, einer modernen Leibeigenschaft, rauskauft.

Nun mag man so eine Leibeigenschaft schon ganz gerne erleiden: zwei, drei Arbeitsstunden am Tag, viele menschliche Kontakte, viel frische Luft, Teamwork und Millionen in der Gehaltstüte. Und da fängt der Unterschied an. Profifußballer sind eben keine normalen Arbeitnehmer. Sie sind Darsteller - und als solche zu vergleichen etwa mit den Schauspielern eines Mehrpersonenstückes. Auch die können nicht während einer Spielzeit ins Theater der Nachbarstadt wechseln - täten sie es doch, bräche der Spielbetrieb zusammen.

Die Konventionalstrafe ist bei solcherart Vertragsbrüchigkeit das Äquivalent zur Transfersumme. Ensembles und Fußballvereine sind auf eine gewisse Fristigkeit angewiesen, weil in diesen und ähnlichen Berufssparten Job-Hopping die Aufführung, respektive das Bundesligaspiel sprengen würde. Die Hoffnung auf eine Selbstregulierung des Marktes ist im Geschäft mit dem Fußball nur gering. Die Lebensarbeitszeit eines Fußballers ist naturgemäß begrenzt, logischerweise versuchen Profis in dieser Zeit ihre Konten so voll wie möglich zu packen.

Im Falle der Anpassung an übliche Arbeitnehmerrechte stände zu befürchten, dass sie im Turnus der dreimonatigen Kündigungsfrist das nächstbessere Angebot wahrnehmen. Die EU-Kommission hat also gut daran getan, ihre Strenge fahren zu lassen. Um die Fußballer braucht einem dabei nicht bange zu sein. Deren soziale Absicherung übersteigt ohnehin die Vorstellungskraft nahezu aller ihrer europäischen Mitbürger.

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