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G 20: Gipfeltreffen ohne Angst

Der unmittelbare Schrecken der Krise schwindet. Der Leidensdruck war nicht groß genug, um sich beim G-20-Gipfel in Seoul zu einigen.

Am Ende eines Wettstreits – und das ist ein Gipfeltreffen schließlich auch – steht die Frage, wer gewonnen hat. Für die G 20 und ihre Beratungen in Seoul ist das schwer zu sagen. Der abwegige US-Vorschlag, der Welt planwirtschaftliche Exportquoten zu verordnen, war ja schon längst vom Tisch. Aber selbst wenn die Deutschen daran maßgeblichen Anteil hatten – ist es schon ein Erfolg, eine Idee anderer zu blockieren? Ansonsten sind alle Streitfragen vertagt worden.

Seoul zeigt im Umkehrschluss, wie groß die Katastrophe sein muss, bevor die Welt zueinanderfindet. Vor zwei Jahren stand das globale Finanzsystem vor dem Kollaps, und so setzten sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer binnen weniger Wochen an einen Tisch und fassten durchaus weitreichende Beschlüsse, wie die Finanzkrise anzugehen sei.

In Seoul, beim fünften G-20-Gipfeltreffen, ist von dieser Einigkeit nicht mehr viel zu spüren. Zwar wurde das Basel-III-Abkommen politisch gebilligt, das Banken in aller Welt mehr Eigenkapital, also mehr Sicherheit, verordnet. Aber der Leidensdruck ist nicht mehr so groß, denn auf die größte Rezession seit den 30er Jahren folgt in vielen Ländern ein deutlicher Aufschwung.

Dass die Rezession nur auf Pump überwunden wurde, dass Staatshaushalte überschuldet sind – derzeit steht wieder Irland im Fokus – und dagegen nur Maßhalten hilft: Diese Haltung, für die besonders die Deutschen stehen, ist nicht mehrheitsfähig in der Welt. Die USA pumpen lieber noch mehr billiges Geld in die Welt. Dabei brauchen die amerikanischen Unternehmen nicht mehr Liquidität, sondern Kunden. So ist die nächste Spekulationsblase eher früher als später zu erwarten.

Die Finanzkrise brachte die Staats- und Regierungschefs der G 20 erst zusammen, als die Investmentbank Lehman Brothers pleitegegangen war. Vorher wäre gemeinsames Handeln sinnvoller und billiger gewesen. Was muss also erst passieren, damit die G 20 die Schuldenkrise gemeinsam angehen? Und was, damit der Welthandel so umgebaut wird, dass auch die Entwicklungsländer etwas davon haben? Unter dem Stichwort Doha-Runde wird seit neun Jahren verhandelt, aber immer wieder gibt es Argumente, warum es jetzt gerade nichts wird. Auch in Seoul heißt es wieder: nächstes Jahr.

Oder der Klimaschutz. Vergangenes Jahr haben China und Indien eine Einigung auf der UN-Klimakonferenz verhindert, und auch im Kreis der G 20 blockieren vor allem diese beiden Schwellenländer. Was also muss passieren, damit die Welt beim Klimaschutz zusammenfindet? Dagegen war die Lehman-Pleite eine Lappalie.

Der unmittelbare Schrecken der Krise schwindet, Industrie- und Schwellenländer stellen wieder ihre unterschiedlichen Interessen in den Vordergrund. Die Gewinner dieser Lage sind China, Indien und die anderen großen Schwellenländer, weil ihr weltpolitisches Gewicht wächst. Seoul hat gezeigt, dass ohne sie gar nichts mehr geht. Aber mit ihnen geht leider auch noch nicht sehr viel.

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