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G 8: Der letzte Gipfel

Der Welt hatte der G-8-Gipfel in L’Aquila nichts zu bieten. Die Beschlüsse zum Klimawandel sind eine Kapitulation, sonst nichts.

Vielleicht ist das alles nicht so wichtig. Aber wenn es jetzt wirklich darum geht, die Welt aus einer historischen Wirtschaftskrise zu führen und vor einer Klimakatastrophe zu retten, waren die drei Tage von L’Aquila eine einzige Pleite. Mit einer Weltregierung hatte das jedenfalls nichts zu tun. Silvio Berlusconi hat es verstanden, die Führer der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zu Statisten einer Inszenierung zu machen, die von seinen Poolpartys ablenkt und politische Potenz suggeriert.

Der Welt hatte der G-8-Gipfel nichts zu bieten. Die Beschlüsse zum Klimawandel sind eine Kapitulation, sonst nichts. Was würde man denn einem Alkoholiker sagen, der freudig ankündigt, er werde spätestens in 41 Jahren trocken sein – und dabei eine Flasche Schnaps leert? Nichts viel anders hielten es aber die acht wichtigsten Industriestaaten in L’Aquila. Bis zum Jahr 2050 wollen sie erreichen, dass der Ausstoß von Kohlendioxid weltweit halbiert wird, und sie selbst wollen sogar 80 Prozent schaffen. Aber von mittel- oder gar kurzfristigen Zielen haben sie sich verabschiedet. Und das langfristige Ziel wird nicht mal von allen geteilt.

Ein anderes Beispiel für das Versagen der G 8 ist die Hilfe für Afrika. Vor vier Jahren haben sie beim Gipfel von Gleneagles versprochen, die Hilfe für den ärmsten Kontinent bis zum Jahr 2010 auf jährlich 50 Milliarden Dollar zu verdoppeln. In L’Aquila haben sie diesen Beschluss bekräftigt, obwohl die meisten von ihnen bisher nicht annähernd in die Nähe der erforderlichen Beträge gekommen sind. Hinzu kommt, dass die schlichte Wiederholung des Zieles in Wahrheit eine massive Kürzung ist: Der Dollar hat gegenüber dem Euro seit Gleneagles ein Siebtel seines Werts verloren. So leidet Afrika unter der globalen Wirtschaftskrise in doppelter Hinsicht, direkt und indirekt.

Dafür haben die G 8 nun ein neues Ziel: Ein Hilfsprogramm soll in den kommenden drei Jahren Bauern in armen Ländern mit 20 Milliarden Dollar helfen. Dagegen ist nichts zu sagen. Nur könnte einem vielleicht auffallen, dass die US-Regierung allein zur Rettung eines einzigen Unternehmens – General Motors – das Dreifache dieser Summe mobilisiert. Oder dass all die Hilfe überflüssig wäre, wenn sich die Welt endlich, endlich auf ein Handelsabkommen einigte. In L’Aquila wurde wieder einmal die gute Absicht formuliert; bisher scheiterte sie stets an vielfältigen nationalen Interessen.

L’Aquila war vermutlich das letzte Treffen der G 8, das wenigstens den Anspruch hatte, ein Gipfel zu sein, nicht nur protokollarisch, sondern auch inhaltlich. Angela Merkel hat deutlich gemacht, dass sie G-8-Gipfel künftig als Vorbesprechungen betrachtet. Ein Format, das 1975 so schön als informeller Weltwirtschaftsgipfel am Kamin von Schloss Rambouillet begann, hat sich überholt. Eine Ironie am Rande ist, dass ausgerechnet die prekäre Lage der Weltwirtschaft in L’Aquila nahezu ausgeklammert wurde.

Aber das neue, größere Format G 20, das die Schwellenländer aufnimmt, kann nichts besser. Nach den zwei ersten Weltfinanzgipfeln in Washington und London gibt es einen Haufen von Absichtserklärungen, aber nicht viel mehr. Die G 20 haben keine Legitimation und keinen Vorsitzenden – man kann ihnen nicht mal einen Brief schreiben. So muss man den nächsten Gipfel im September in Pittsburgh wohl mit Skepsis sehen. Mag sein, dass alles gut wird. Aber wahrscheinlich geht an den Vereinten Nationen und der Europäischen Union, so schwerfällig sie sein mögen, kein Weg vorbei. Vermeintliche Abkürzungen kosten häufig nur Zeit.

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