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Gastkommentar: Der überforderte Kontinent

Afrika sollte nicht im Sicherheitsrat vertreten sein. Denn es ist den anderen Anwärtern auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat der UN kaum zu vermitteln, wieso ein Kontinent Verantwortung für andere übernehmen kann, der offensichtlich nicht in der Lage ist, das eigene Schicksal in die Hände zu nehmen.

Es war reiner Zufall. Am gleichen Tage, da Bundespräsident Köhler einen ständigen Sitz für Afrika im Weltsicherheitsrat fordert, wird die Protokollchefin des ruandischen Präsidenten in Frankfurt verhaftet – der Vorwurf lautet auf Beihilfe zum Mord am Vorgänger ihres derzeitigen Arbeitgebers. Doch der Zufall hat Symbolcharakter: Denn nichts widerlegt die Sinnhaltigkeit von Köhlers Forderung schlagender als dieser wohl einmalige Fall der internationalen Diplomatiegeschichte.

Afrika, das ist nicht nur in den Medien eine ununterbrochene Folge von Diktaturen, Bürgerkriegen, Vertreibungen und Verfolgungen, ob in Nigeria, dem Kongo, Burundi oder Simbabwe. Und wo vor einiger Zeit wenigstens im Süden des Kontinents nach dem Ende der Apartheid das Licht von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit leuchtete, erblicken wir heute ethnische Unruhen, Korruption und die Missachtung demokratisch legitimierter Macht. Noch ist Südafrika nicht verloren, doch die Flammenzeichen an der Wand leuchten heller und der Vorbild charakter wird fahler.

Nun gehört es zu den Lebens lügen afrikanischer Politiker, dass an allem Elend die Kolonialmächte und die fortlaufende Ausbeutung durch den Westen schuld seien, und noch immer gelingt es einem Leuteschinder wie Mugabe, mit entsprechender Rhetorik innerafrikanische Solidarität einzufordern. Doch bevor der Westen aus schlechtem Gewissen falsche Entscheidungen trifft, muss die Frage erlaubt sein, warum die ehemals Unterdrückten in Vietnam, Indien, Malaysia und Singapur so viel besser mit dem kolonialen Erbe fertig geworden sind und längst dem Westen auf dessen eigenem Feld wirtschaftlich Konkurrenz machen? Warum, so muss man fragen, gibt es außer dem kleinen Botswana und vielleicht noch Mali kein afrikanisches Land, das in einem knappen halben Jahrhundert so etwas wie eine gute Regierung wenigstens in Ansätzen aufbauen konnte?

Die Antwort darauf, die aus historischen, ethnischen und kulturellen Gründen zusammengesetzt sein mag, kann nicht vom Westen gegeben werden, da sie nur dem Vorwurf des Rassismus begegnen würde. Diese Antwort müssen die Eliten Afrikas selbst finden und entsprechend handeln. Doch bis es so weit ist, sollte Afrika weder mehr Entwicklungshilfe erhalten noch neue Verantwortung übertragen bekommen. Es ist den anderen Anwärtern auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat der UN Japan, Deutschland, Brasilien oder Indien kaum zu vermitteln, wieso ein Kontinent Verantwortung für andere übernehmen kann, der offensichtlich nicht in der Lage ist, das eigene Schicksal in die Hände zu nehmen. Solange Afrika in der übrigen Welt nur ein melancholisch-wegwerfendes „Ach ja, Afrika“ hervorruft, wird sich die Welt ohne den Schwarzen Kontinent behelfen müssen.

Schuld daran haben allein die Afrikaner – nicht die anderen.

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