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Gastkommentar: Keiner vergibt uns unsere Schulden

Jetzt rächt sich, dass es in den letzten Jahren trotz stetig und kräftig steigender Steuereinnahmen nicht gelungen ist, auch nur einen einzigen Cent Schulden des Bundes zu tilgen. 2. Konjunkturpaket: Wir brauchen ein Verbot von noch mehr Schulden!

Eines ist schon sicher: Es wird ein zweites, größeres Konjunkturpaket geben. Was bleibt, ist die Sorge, dass es ebenso wirkungslos verpuffen wird wie alle seine Vorgänger. Sie alle bedeuteten Milliardenbelastungen für den Haushalt, der Effekt war meist gleich null.

So richtig die geplanten Maßnahmen für sich im Grundsatz sind, insbesondere Steuer- und Abgabensenkung sowie verstärkte Investitionen, so sehr treten zwei entscheidende Nachteile in den Vordergrund: Keiner weiß, ob und wie schnell sie wirken, und sie müssen auf Pump finanziert werden. Allein 60 Milliarden Euro neue Schulden für 2009 – ein einsamer Nachkriegsrekord – werden zukünftige Steuerzahler auf Jahrzehnte belasten, und es erschreckt, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit Summen dieser Dimension debattiert werden.

Das ursprüngliche Ziel des ausgeglichenen Haushalts 2011 wurde schon vor Wochen aufgegeben. Bisher wurden viele unpopuläre Maßnahmen wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder die Abschaffung von Eigenheimzulage und Pendlerpauschale einem übergeordneten Ziel, dem der Haushaltskonsolidierung, untergeordnet. Dabei war der Haushaltsausgleich ein zentrales Ziel, wenn nicht gar die zentrale Legitimation der großen Koalition.

Nun drohen sich die Schleusen im Wahljahr schrankenlos zu öffnen. Natürlich waren Finanzmarktkrise und Konjunkturschwäche und ihre negativen Folgen für Deutschland nicht vorherzusehen. Aber jetzt rächt sich eben auch, dass es in den letzten Jahren trotz stetig und kräftig steigender Steuereinnahmen nicht gelungen ist, auch nur einen einzigen Cent Schulden des Bundes zu tilgen. Denn die Ausgaben stiegen noch schneller als die Einnahmen.

All diejenigen, die heute staatliche schuldenfinanzierte Konjunkturspritzen à la Keynes fordern, haben leider in den vergangenen Jahren den anderen Teil keynesianischer Haushaltspolitik vergessen, nämlich in guten Zeiten steigende Einnahmen zur Schuldentilgung zu nutzen.

Daher darf es ein auf Pump finanziertes Konjunkturpaket nur unter zwei Bedingungen geben:

Erstens muss gleichzeitig mit dem zweiten Konjunkturpaket die Verpflichtung zur Rückzahlung der aufgenommenen Schulden in kommenden guten Jahren verbindlich gesetzlich geregelt werden. Politische Willensbekundungen alleine reichen nicht, das lehrt die Vergangenheit. Der nötige Mechanismus muss schon heute gesetzlich festgelegt werden und automatisch verbindlich greifen.

Und es muss zweitens ein Junktim geben zwischen schuldenfinanziertem Konjunkturpaket und einer strengen verfassungsrechtlichen Begrenzung der Neuverschuldung für die Zukunft. Es ist ein generelles Neuverschuldungsverbot ins Grundgesetz aufzunehmen: In normalen Jahren darf der Bund keine Schulden mehr machen. Schulden sollten nur in ganz konkret definierten (konjunkturell bedingten) Ausnahmefällen und auch dann nur begrenzt möglich sein. Anders ist dem bisherigen fantasievollen Umgang der jeweiligen Regierung mit den geltenden Verschuldungsregeln kein Riegel vorzuschieben.

Der europäische Stabilitätspakt zeigt, dass ohne konkrete Konditionierung die Ausnahme zur Normalität wird. Das Drei-Prozent-Schuldenkriterium der Eurozone (Maastricht) war eigentlich für schwere Zeiten gedacht. Viele EU-Staaten haben eine jährliche Neuverschuldung dieses Ausmaßes dagegen bereits zum Regelfall gemacht.

Es ist sicher richtig, dass außergewöhnliche Umstände außergewöhnliche Antworten brauchen. Dies gilt besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Dies gilt aber auch angesichts einer unverantwortlich hohen Staatsverschuldung, die künftigen Generationen auf Jahrzehnte durch Zins und Tilgung die Luft zum Atmen nimmt. Daher sind Tilgungsverpflichtung und Neuverschuldungsbegrenzung conditiones sine quibus non für eine Zustimmung zum Konjunkturpaket.

Der Autor (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages.

Jens Spahn

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