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Meinung: Gastkommentar: Mit Gysi im Aufzug

Ich habe einen Traum, nach dem ich regelmäßig schweißgebadet aufwache. Er geht so: Ich fahre mit der kompletten PDS-Führungsriege im Aufzug.

Ich habe einen Traum, nach dem ich regelmäßig schweißgebadet aufwache. Er geht so: Ich fahre mit der kompletten PDS-Führungsriege im Aufzug. Gysi, Pau, Zimmer. Der Aufzug bleibt stecken. Es ist ein Feiertag, weshalb - wir sind ja in Berlin - tagelang keine Hilfe kommt. Den ersten Tag verbringen wir damit, über die Globalisierung zu diskutieren. Am zweiten Tag essen wir Pau. Am vierten Tag entscheidet Gysi, dass Gabi Zimmer geopfert werden soll. Weil er einen Journalisten braucht, der die ganze Geschichte seines Heldentums schreibt, werde ich verschont. Am siebten Tag gibt er mir ein Interview. Danach verspeist er mich. Sollte er doch noch gerettet werden, würde er ein bisschen dicker aussehen, sein untrügliches Lächeln aufsetzen und den wartenden Fernsehkameras verkünden: Ich bin die PDS.

Mein Problem mit der PDS ist ein ästhetisches, kein politisches. Die PDS, das sind keine Kommunisten, und selbst wenn sie es wären, würden ihnen alle Insignien der Macht fehlen, durch die Kommunisten erst gefährlich werden: eine Geheimpolizei, die Kontrolle über das Fernsehen und eine zentralisierte, korrupte Wirtschaft, eine Armee mit Raketen, die in die falsche Richtung zeigen. Nein, das Problem mit den PDSlern ist, dass sie eklig sind. Sie sollten Masken tragen wie die Politiker anderer Parteien auch. Ihre Bitterkeit, ihre Ressentiments, ihr Unglück und ihren Selbsthass kann man auf ihren Gesichtern ablesen. In der Tat: ihre Gesichter sind ihr Programm.

Nein, Rot-Rot ist keine Lösung für Berlin, auch wenn das Herz der Stadt links schlägt (ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass eines Tages Oskar Lafontaine in die Stadt einreiten wird und Berlin dann den Bürgermeister bekommt, den es verdient). Rot-Rot wäre noch nicht mal eine Lösung für Kuba. Berlin braucht (wie Kuba auch) Politiker, die das Risiko nicht scheuen, die führen, die den Langzeit-Arbeitslosen in Marzahn und Köpenick keine teuren Beruhigungsmittelchen verabreichen.

Die Stadt muss an sich selbst glauben, sie braucht eine angemessene internationale Identität, einen großen Flughafen und eine Elite-Schule, sie muss schnell Geld auftun und nicht nur schick sein, sondern attraktiv. Berlin muss sich vor allem freimachen vom Staub der Subventionskultur. Wo steht die PDS bei all diesen Themen? Sie ist dagegen. Sie ist immer gegen alles. Rot-Rot wirkt auf den ersten Blick vielleicht wie ein dreister Schritt nach vorne. Tatsächlich würde es aber zwei Schritte zurück bedeuten.

Der Autor ist Korrespondent der britischen Tagesze

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