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Die Hochzeit von Kate und William faszinierte Millionen Menschen - ist die Ehe etwas nur noch etwas für die Royals?

© dpa / Picture Alliance

Gegen den Trend: Die Ehe ist mehr als ein Konsumartikel

Unverheiratete Frauen müssen keine Existenzangst mehr haben, "Bastard" ist zum Fremdwort geworden. Sollten wir uns also von der verstaubten Einrichtung namens Ehe verabschieden? Plädoyer für eine verschwindende Institution.

Von Antje Sirleschtov

Beginnen wir mit dem Ältesten und zugleich Banalsten: der Liebe. Zwei Menschen haben einander gefunden, sie bekennen sich zueinander. Sie wollen der Wichtigste für den anderen sein. Nicht nur im Heute und Morgen. Bis zum Ende wollen sie den anderen herausheben, nur mit ihm durchs Leben gehen, vielleicht Kinder großziehen, auf jeden Fall aber füreinander einstehen. Jetzt, da die Schmetterlinge noch fliegen im Bauch. Aber auch dann, wenn die Tage langweiliger, die Nächte einsamer und die Wege steiniger werden, manchmal schier unerträglich steinig.

Jeden Tag legen Menschen dieses Bekenntnis ab, vor Altaren, Rabbinern, in Amtsstuben. Es ist das Bekenntnis zur Verantwortung für einen anderen, das Versprechen, dessen Einzigartigkeit zu achten und Gemeinschaft zu pflegen. Manche nennen es Ehe. Eine Institution, die am Anfang Glück und Geborgenheit verheißt – und zunehmend, wie es scheint, in Verruf gerät. Eltern ohne Trauschein, die glückliche Kinder großziehen, Patchworkfamilien, alleinerziehende Frauen und Männer: immer weniger Paare tauschen die Ringe, die den Bund besiegeln, immer mehr legen sie wieder ab, lösen auf, was als unauflösbar begonnen hat.

Verabschieden wir uns doch von dieser verstaubten Institution einer untergehenden Zeit. Heute, da unverheiratete Frauen keine Existenzangst mehr haben müssen, „Bastard“ ein Fremdwort ist und weder Patriarchen noch Pfarrer Erbfolgen und gesellschaftliche Normen bestimmen. Heute, in der Moderne, die den Menschen auf das Bild des selbstbestimmten und weltoffenen Individuums verpflichtet, das verantwortungsvoll Partnerschaften eingeht und sie (im besten Fall) auch genauso verantwortungsvoll wieder löst. Wozu also soll sie noch taugen, die Ehe? Wer sie verteidigt, muss sich verteidigen. Wer möchte schon altbacken wirken. Konservativismus wird im Zeitalter von Twitter und Facebook zur Chiffre für das Gestrige.

Nur ist die Ehe nicht konservativ. Das Bekenntnis zu ihr ist auch kein Plädoyer gegen Partnerschaften und Familien mit Kindern ohne amtliches Siegel. Es stimmt, alle diese modernen Lebensformen, die „Kernfamilien“ oder „Kerngruppen“, sind Folge der gewünschten freiheitlichen und emanzipatorischen Gesellschaft; alle wollen Liberalität und Werteorientierung dokumentieren und verdienen darum Achtung und stärkere Sorge der Politik. Dennoch, das zeigen bis heute die Statistiken, ist die Ehe über alle geschichtlichen, politischen und religiösen Schranken hinweg, über Weltkriege und Diktaturen hinweg, noch immer der Ausdruck des tiefsten menschlichen Bedürfnisses nach Gemeinschaft und, besonders, Beständigkeit. Weil sie, ein Ewigkeitsversprechen, von vielen als letzter verbliebener Ort von Fürsorge und Sicherheit in Zeiten fortschreitender Vereinzelung angesehen wird. Auch wenn jeder weiß, dass Scheidungen zum Alltag gehören.

In Debatten um Ehegattensplitting und Unterhaltspflichten vergisst die Politik, den ideellen Wert der Bindung namens Ehe zu betonen. Dass sie im Grundgesetz als schützenswert verankert ist, reicht da nicht aus. Wer die Ehe vor allem als Ort steuerlicher Vorteile oder rentenrechtlicher Verpflichtung diskutiert, schließt nicht die geistigen Lücken, die die abnehmende Bindungswirkung der Kirchen hinterlässt. So muss sich niemand wundern, wenn die Ehe zum Konsumartikel wird. Der wird nämlich immer auf den praktischen Wert hin abgeklopft, und immer öfter rasch als uninteressant bewertet.

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