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Gentechnik: Saat der Ohnmacht

Gegen den Hunger der Welt können auch genmanipulierte Pflanzen nichts ausrichten.

Nun gibt es also ein neues Gentechnikgesetz, das den Anbau und die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) regelt. Es ist beinahe das gleiche geblieben wie unter Rot-Grün. Zwar war aus der Union der Ruf nach einer Begrenzung des Haftungsrisikos für Gentech-Bauern laut geworden. Mit einer Versicherungslösung wollte die Union den Landwirten zu Hilfe eilen, die entgegen allen Bedenken in der Bevölkerung Genmais anbauen wollen. Doch die Versicherungen weigern sich, entsprechende Verträge anzubieten. Zu unkalkulierbar ist ihnen das Risiko.

Herausgekommen ist ein Gesetz, das den gentechnikfreien Anbau zu schützen versucht. Das gelingt zwar nur bedingt, weil die Europäische Union mit ihrer Entscheidung, alles, was weniger als 0,9 Prozent GVO enthält, als gentechnikfrei zu werten, den Schutz vor Kontamination bereits aufgeweicht hat. Doch was sich rechtlich regeln lässt, wird im Gentechnikgesetz geregelt.

Nun kann man einwenden, dass die Deutschen mit ihren Bedenken gegen die grüne Gentechnik recht allein stünden, was nicht ganz stimmt, weil es in Europa nur wenige Freunde dieser Technologie gibt. Aber, so argumentieren die Befürworter, zur Ernährung der Weltbevölkerung seien dringend neue, ertragreichere Pflanzen, die auch unter ungünstigen Bedingungen wachsen, notwendig. Doch das ist ein Scheinargument. Denn die Pflanzen, die bisher auf dem Markt sind, weisen gerade mal zwei neue Eigenschaften auf, die nichts mit den oben genannten Ansprüchen zu tun haben. Es gibt Pflanzen, die resistent gegen ein Herbizid sind. Das heißt: Der Bauer kann wahllos Unkrautvernichtungsmittel spritzen und tötet dabei seine Kulturpflanzen nicht ab. Das mag der Arbeitsökonomie der Bauern nutzen, sonst ist aber nicht erkennbar, wofür es solche Pflanzen braucht. Die zweite Variante sind Pflanzen, die selbst ein Insektizid produzieren. Im Falle des Bt-Maises soll so der Maiszünsler, ein gefräßiger Schmetterling, abgetötet werden. In Brandenburg, wo bereits Bt-Mais wächst, gibt es allerdings kaum Maiszünsler. Wem also nutzt der Gen-Mais?

Wenn man in die Entwicklungspipeline der Saatgutkonzerne schaut, sind dort kaum Pflanzen zur Rettung der Welt vor dem Hunger zu finden. Und selbst wenn: Hunger entsteht nicht deshalb, weil es nicht genügend ertragreiche Pflanzen gibt. Er hat mehr mit einer ungerechten Landverteilung zu tun. Oder damit, dass eine industrialisierte Landwirtschaft Wüsten hinterlässt und auf den erschöpften oder versalzten Böden nichts mehr wächst. Oder mit der Dynamik der Agrarmärkte. Wenn Energiepflanzen plötzlich zu einem Geschäft werden, weil unter anderen die EU und die USA entdeckt haben, dass Pflanzen im Tank Erdöl ersetzen könnten, dann werden in Entwicklungsländern eben eher Ölpflanzen angebaut als Nahrungsmittel.

Gegen den Hunger können Gen-Pflanzen also gar nichts ausrichten. Aber das Argument soll die ungeliebte Technologie salonfähig machen. Doch dafür gibt es gar keinen nachvollziehbaren Grund.

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