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Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ): Experten in Steuervermeidung

Deutschland berät andere Staaten beim Aufbau ihrer Steuer- und Zollsysteme, doch die Entwicklungshelfer sollen keine Abgaben zahlen.

Niemand zahlt gerne Steuern. Auch nicht der Staat. Deshalb hat die Bundesregierung mit den Staaten, in denen sie Entwicklungshilfe leistet, Abkommen geschlossen, die „Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit“ steuerfrei und zollfrei stellt. Jahrelang hat das keinen gestört. Doch seit ein Bonner Anwalt und ein Leipziger Finanzrichter dem Thema etwas systematischer nachgegangen sind, haben mehr und mehr Finanzämter in Deutschland sich die Frage gestellt, ob die Beschäftigten der Entwicklungshilfe nicht doch steuerpflichtig sind – und zwar in Deutschland.

Dutzende ehemalige Auslandsmitarbeiter der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), der staatlichen Durchführungsorganisation der deutschen Entwicklungshilfe und zu hundert Prozent in Staatsbesitz, sehen sich derzeit zum Teil hohen Steuernachforderungen ausgesetzt. Die Kombination von Doppelbesteuerungsabkommen, mit denen nur verhindert werden soll, dass jemand, der im Ausland arbeitet, in zwei Staaten Steuern zahlen muss, und bilateralen Verträgen über die Freistellung von Entwicklungsleistungen von Steuern und Abgaben hat in vielen Fällen dazu geführt, dass die Mitarbeiter gar keine Steuern mehr gezahlt haben.

Dazu gab es bis vor kurzem auch eindeutige Ratschläge der GIZ, wie die Steuern vermieden werden können. Die gibt es inzwischen nicht mehr. Heute rät die GIZ ihren Auslandsmitarbeitern, sich von einem Steuerberater aufklären zu lassen, bevor sie ausreisen. Zugleich rühmt sich die GIZ auf ihrer Internetseite ihrer Expertise beim Aufbau von Steuer- und Zollsystemen in Entwicklungsländern. In Ghana etwa seien die Steuereinnahmen zwischen 2003 und 2005 dadurch um 57 Prozent gestiegen. Unter der Überschrift „Mobilisierung eigener staatlicher Ressourcen“ heißt es, dass die „Entwicklungszusammenarbeit im Einnahmewesen“ die „Nachhaltigkeit der Staatsfinanzierung“ sowie eine „transparente, verlässliche und bürgerorientierte Erhebung staatlicher Einnahmen“ ermögliche.

Vor Ort müssen die GIZ-Berater ihren Partnern – von osteuropäischen Transitionsstaaten bis zu afrikanischen Entwicklungsländern – erklären, warum nun ausgerechnet sie selbst und ihre Mitarbeiter nicht unter die Steuer- und Zollsysteme fallen, bei deren Aufbau sie gerade mitgeholfen haben.

Wenn das Ziel der deutschen Entwicklungshilfe sein sollte, funktionierende Strukturen in den Partnerländern mit aufzubauen, dann liegt diese Steuer- und Zollbefreiungsregelung völlig neben diesem Anspruch. Die Regierung sollte – auch wenn Österreich und die Europäische Union das nicht anders machen – darüber nachdenken, diese Abkommen aufzugeben. Die Haltung „Alle sollen Steuern zahlen, aber wir tun es nicht“ ist arrogant und anmaßend. Sie ist im Umgang zwischen Staaten unangemessen und widerspricht allen Bemühungen, internationale Steuergerechtigkeit herzustellen. Dass die GIZ-Mitarbeiter für diese Nichtlogik der deutschen Entwicklungshilfe allein bezahlen sollen, ist allerdings auch etwas ungerecht.

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