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Meinung: Gesucht: Mann, ehrgeizig, unter 1, 70 Meter

Von Pascale Hugues, Le Point

Lächeln oder nicht lächeln? Frauen haben es schwer in der Politik. Denken Sie nur an Angela Merkel. Im Wahlkampf wurde ihr ständig ihre ernste Miene vorgeworfen. Das fehlende Lächeln deutete eindeutig auf Kälte hin, auf einen gravierenden Mangel an Charme. Eine richtige Frau hat die Pflicht, von morgens bis abends zu lächeln, selbst wenn sie an die deutsche Verteidigungspolitik denkt.

Nehmen Sie Ségolène Royal. Wie häufig tauchte in den Glossen ihr Lächeln auf – das Lächeln der Madonna, der Mona Lisa, der Mutter Courage … Da gibt es sogar eine – in diesem Fall ist es Gisèle Halimi, Schutzheilige des französischen Feminismus –, die findet, dass Ségolène zu viel lächelt. Dass sie zu nett ist, zu gefügig, nicht kämpferisch genug. Selbst am Tag der Niederlage lächelte sie noch! Anscheinend ist Madame Halimi nicht auf den Gedanken gekommen, das Lächeln könne, wenn auch etwas ungeschickt, Traurigkeit maskieren.

In einer Diskussion im deutschen Fernsehen urteilte ein sehr, sehr alter Publizist gönnerhaft: „Ségolène Royal ist schön und kann reden.“ Ich musste an die Werbung für die ersten Sprechpuppen denken, als ich klein war. Mit ihren Rehaugen, ihren langen gebogenen Wimpern und ihren goldenen Locken beschränkten sie sich nicht auf ein Kopfnicken. Drückte man ihnen mit dem Daumen auf den Bauch, so wurde ein Mechanismus in Schwingungen versetzt, und schon gaben Melanie, Sophie, Martine, Ségolène mit sanfter Stimme drei Sätze von sich. Die hübsche, doch gehirnlose Puppe. Die blaustrümpfige und gefühllose Megäre. Welche Schublade hätten Sie denn gern? Die Frauen haben keine Chance.

Den männlichen Politikern dagegen wird alles verziehen: Bäuche, die wie Soufflés über den Hosenbund quellen, Zähne wie Turmruinen, Schuppenschnee auf den Schultern schlecht geschnittener Anzüge, Reden, die so belebend wirken wie Baldriantee. Alles, außer ein paar Zentimetern zu wenig. Die geringe Größe (des Körpers, wir verzichten darauf, ein anderes Organ zu erwähnen!) ist der einzige Schwachpunkt von Männern, ihr wirklich wunder Punkt. Der Legende nach werden kleine Männer von einem unersättlichen Machthunger beherrscht, von der Aggressivität eines Straßenköters. Öffnen Sie eine andere Schublade und legen Sie den neuen französischen Präsidenten hinein.

Wie ich einer bis auf den Zentimeter genau informierten Internetseite entnommen habe, ist Nicolas Sarkozy 165 cm groß. Das sind elf Zentimeter weniger als seine Rivalin Ségolène Royal (176 cm). Damit ist er kleiner als Hitler und Stalin, die gleich groß waren, nämlich 1,72. Kleiner als Napoleon Bonaparte (1,69). Einige Zentimeter kleiner als andere Giganten der Geschichte wie Winston Churchill (1,68), Martin Luther King (1,69) und Jean Jaurès (1,67). Unser neuer Präsident ist ebenso groß wie Brigitte Bardot – wobei BB dank ihres gewaltigen Brustumfangs vorne liegt.

In der Geschichte tummeln sich berühmte 1,65-Meter-Männer: Wladimir Lenin, Charlie Chaplin, Al Pacino, William Faulkner, Aristoteles Onassis. Unser Präsident möge sich trösten: Um wenige Zentimeter schlägt er Charles Aznavour, Königin Elisabeth (1,62), Picasso, Mozart, Beethoven, Voltaire, den Heiligen Franz von Assisi und sogar Ludwig XIV., den Sonnenkönig. Er schaut von oben herab auf Toulouse-Lautrec (1,51) und die winzige Mireille Mathieu, die vorigen Sonntag mitsamt ihrem eckigen Haarschnitt und ihrer Pfirsichhaut aus der Versenkung auftauchte: Vor der Menge von Sarkozy-Anhängern, die sich auf der Place de la Concorde versammelt hatten, sang sie die Marseillaise. Wichtig ist auch der Hinweis auf Jeanne d’Arc, die nur 1,50 groß war. Und die hat immerhin Frankreich gerettet.

Lassen Sie sich einfach mal zu ein wenig Gehirnjogging hinreißen. Nehmen Sie die Brüder Kaczynski in Polen. Nun stellen Sie sie aufeinander, denn sie sind ja Zwillinge. Und schon haben Sie Florian Henckel von Donnersmarck, den neuen Giganten des deutschen Kinos. Für einen Charles de Gaulle benötigt man ungefähr anderthalb Sarkozys.

Und das neue französisch-deutsche Paar Sarkozy/Merkel? Schluss mit der Asymmetrie! Schluss mit dem Zwerg Mitterrand und dem Schrank Kohl. Schluss mit dem gekrümmten Rücken von Jacques, der sich bücken muss, um Gerd zu umarmen. Bis auf wenige Zentimeter sind Merkel und Sarkozy gleich groß. Niemand muss sich für das offizielle Foto auf Zehenspitzen stellen. Niemand muss Absatzschuhe nach Berlin mitnehmen, um der Kanzlerin ein Küsschen zu geben. Wieder die Schublade öffnen: Zwischen einem Napoleon und einer sprechenden Puppe scheint sich alles gut zu entwickeln.

Aus dem Französischen von Elisabeth Thielicke.

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