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Gesundheitsbericht: Berlin wird älter

Die Hauptstädter werden vier Jahre älter als noch vor zehn Jahren und liegen damit im Bundesdurchschnitt. Doch der soziale Faktor ist entscheidend. Offenbar gibt es in Berlin in Sachen Gesundheit eine Parallelgesellschaft.

Großstadt macht krank? Von wegen. Die Berliner werden heute im Schnitt drei bis vier Jahre älter als noch vor zehn Jahren, ist ein Ergebnis des Berliner Gesundheitsberichts. Die Hauptstädter liegen bei der Lebenserwartung inzwischen im Bundesdurchschnitt, lautet die gute Nachricht. Gesundheit ist nicht nur abhängig von riskanter Lebensweise, genetischer Disposition oder vom sozialen Stand – sondern auch von einem effektiven Gesundheitssystem, belegt der Bericht. Vor zehn Jahren musste ein Arzt in Berlin noch doppelt so viele Patienten betreuen wie heute. Das Gesundheitswesen ist in dieser Zeit zu einem wesentlichen Wirtschaftszweig der Stadt geworden.

Zwar liegt Berlin bei der Quote der Krankschreibungen immer noch an der Bundesspitze, doch die Chancen, wieder gesund zu werden, sind offenkundig deutlich größer geworden. Falls man die vorhandenen Gesundheitseinrichtungen nutzt – muss man einschränkend hinzufügen. Denn die soziale Lage ist immer noch ein entscheidender Faktor: Wer arm ist, stirbt früher. In Problembezirken leben Männer vier Jahre kürzer als in wohlhabenden Stadtteilen: weil sie keine Vorsorgeeinrichtungen nutzen, weil sie zu viel trinken und rauchen.

Alarmierend sind bei Migranten neben dem frühen Tod von Männern vor allem eine Säuglingssterblichkeit, die mehr als doppelt so hoch ist wie bei deutschen Familien. Offenbar gibt es in Berlin in Sachen Gesundheit eine Parallelgesellschaft. Fehlende Sprachkenntnisse, kulturelle Schranken und der Verzicht auf Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft sind dafür offenbar verantwortlich; Gesundheitskampagnen erreichen viele Migrantenfamilien und vor allem die werdenden Mütter nicht. Um die Sterblichkeitsrate, die man sonst nur aus Entwicklungsländern kennt, zu senken, braucht es mehr Dolmetscher und gezielte Informationskampagnen. Der Berliner Senat hat kürzlich die Pflichtuntersuchung von Kleinkindern beschlossen, um frühzeitig Fälle von Misshandlungen zu entdecken. Das könnte auch Leben retten, legt der Gesundheitsbericht nahe.

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