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Gesundheitsfonds: Drunter, drüber: Einheitsbetrag schafft Transparenz

Ab Januar wird der neue Einheitsbetrag die Krankenkassen-Beiträge kräftig steigen lassen. Verantwortlich dafür ist die Bundesregierung - das wird nicht ohne Folgen für den Wahlkampf bleiben.

Von Antje Sirleschtov

Hier wird Geschichte geschrieben, Politikgeschichte. Millionen Menschen werden in diesen Tagen ernüchtert auf ihren Krankenkassen-Beitrag blicken und feststellen: Ab Januar wird es richtig teuer sein. Der neue Einheitsbeitrag lässt die Kosten für Gesundheit kräftig ansteigen. Und wer ist verantwortlich dafür?

Diese Regierung, diese Bundeskanzlerin. Sie und ihre Nachfolger werden fortan Jahr für Jahr den Beitragssatz für die Krankenversicherung der allermeisten Deutschen festlegen. Das wird nicht ohne Folgen sein. Denn auf keinem anderen Gebiet reagiert das Wahlvolk so sensibel auf Veränderungen wie im Sozialversicherungssystem. Horst Seehofer hat das als Gesundheitsminister erfahren, auch Gerhard Schröder wird die 10-Euro-Praxisgebühr so schnell nicht vergessen. Mit der Rente, mit der Gesundheit werden Wahlen entschieden. 15,5 Prozent – das wird Messlatte für diese Koalition sein, zwölf Monate vor der Bundestagswahl.

Dass sich Angela Merkel so eng an den Einheitsbeitrag und den Gesundheitsfonds gebunden hat, mag ihr im Wahlkampf manchen Ärger einbringen. Richtig ist es allemal. Wenn das Untergangsgeschrei der Kassen verklungen ist, wird das sichtbar sein. Denn nun ist Schluss mit der Hin-und-her-Schieberei, wenn es darum geht, den Schuldigen für die Misere im Gesundheitswesen zu finden. Der Einheitsbeitrag wird zum Scharnier für die Demokratie: Endlich kommt Verantwortung dorthin, wo sie hingehört. In die Politik, die ohnehin kräftig mitmischt im System.

Transparenz heißt das Stichwort. Millionen Menschen können das gleich ausprobieren. Ein Blick auf den eigenen Beitrag und der Vergleich mit dem Einheitssatz gibt Aufschluss, ob die eigene Kasse preiswert oder teuer ist. Wer würde Brot für drei Euro kaufen, wenn nebenan das gleiche Produkt billiger zu haben ist? Ab Januar können die Versicherten in Scharen dorthin wechseln, wo man auskommt mit dem Geld des Gesundheitsfonds. Wer drüber liegt, wird ihnen erklären müssen, warum man selbst nicht schafft, was der Nachbar mühelos zuwege bringt. Nicht ausgeschlossen, dass manche Kasse dann sogar ganz aufgeben muss. Der Einheitsbeitrag als Warentest: Nichts schafft so viel Transparenz im Dschungel des Gesundheitssystems wie eine einzige blanke Zahl. Drüber oder drunter: Das versteht jeder. Wir Beitragszahler können gelassen zuschauen.

Billiger, effizienter, menschenwürdiger und moderner wird das Gesundheitssystem mit dieser neuen Transparenz allein nicht. All die Fragen, wie das System das viele Geld der Versicherten und die Milliardenzuschüsse des Staates sinnvoller im Sinne der Beitragszahler ausgeben kann, wird Politik auch in Zukunft beantworten müssen. Der Gesundheitsfonds, der das Geld verteilt, hat damit kaum etwas zu tun. Und auch das wird der Fonds nicht ändern: Gesundheit wird nicht billiger. Mit der steigenden Zahl der Älteren und ihrem Recht auf optimale Versorgung und dem Anspruch aller, am Fortschritt teilzuhaben, müssen wir bereit sein, steigende Kosten dafür zu tragen.

Wie die Lasten verteilt werden, daran wird man die Koalition und die Kanzlerin 2009 messen können. Eben noch sind Milliardenbeträge an Ärzte und Krankenhäuser geflossen, wurden politische Kompromisse bei der regionalen Verteilung der Fondsmilliarden eingegangen. Die Quittung: Ausgerechnet jetzt, zum Ende des Aufschwungs, steigen die Sozialausgaben auf über 40 Prozent. Und in zwölf Monaten ist Bundestagswahl.

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