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Gore Reifen

© ddp/BZ

Gore & ''Öko-Aktivisten'': Noble Mahner

Kampf der Erderwärmung: In Berlin geben sich Al Gore und selbst ernannte Klima-Aktivisten gerade die Klinke in die Hand. Wer am Ende mehr Autos zum Stillstand bringt, wird sich wohl erst nach Gores Abreise zeigen.

Seit Jahren tingelt der frisch gebackenene Friedensnobelpreisträger Al Gore durch die Welt; seit Jahren verliest er routiniert die immer gleiche, unbequeme Botschaft: Die Welt gerät aus dem Gleichgewicht; sie ist bedroht, weil der Mensch auch für das große Ganze nicht auf den Ferienflieger nach Ibiza verzichten will. Und die Lösung? Individueller Verzicht, flüstert Gore, der wohl weiß, dass die Moderne das Versprechen grenzenloser Mobilität nicht so einfach aufzugeben bereit sein wird.                  Unerwartete Schützenhilfe erhält der Klimapapst derweil aus Deutschland, wo renitente Lokführer schon einmal vormachen, was Verzicht bedeutet. Andererseits, so möchte man Gore ins Wort fallen, haben die jüngsten Arbeitsniederlegungen keineswegs das Klima verbessert - ganz im Gegenteil: Während auf den Schienen die Räder stillstehen, rollt eine ungeahnte Protestlawine auf die Lokführer zu, deren wohlkostümierte Anführerin Suckale dem Mobilitätsverzicht schon bald ein Ende setzen wird. Der Aufstand der Mahner ist damit früher oder später zum Scheitern verurteilt; überrollt von den Pendlern wie Hamburg von der Nordsee, wenn man Gore glauben darf.

Ein ganz anderes Modell wird derzeit in Berlin erprobt, wo selbst ernannte "Öko-Aktivisten" schwere Autos ab einem Verbrauch von zehn Litern vorübergehend aus dem Verkehr ziehen, um... nunja, eine Art Bewusstseinswandel à la Gore zu bewirken. Den Kritikern der Ventil-Lösung sei gesagt, dass sich auch Gore zu Beginn allerlei Anfeindungen von dreisten Klima-Leugnern anhören musste. Trotzdem wird sich vorerst niemand die Namen der neuen Unbequemen notieren müssen, um bei der nächsten Preisverleihung in Stockholm schon etwas auf dem Zettel zu haben. Schließlich erregt auch ihr Aufruf zum Verzicht vorerst mehr Wut als Jubel - zumal, wenn es sich um das eigene Fahrzeug handelt.

Und was kommt als nächstes? Weltverbesserer, die todesmutige Vögel in Flugzeugturbinen jagen, um die Air-Berlin-Karawane nach Formentera zu stoppen? Weitere ausgemusterte Staatsmänner (Chirac, Blair, etc.), die medial gewandt Verzicht predigen, um gleich danach die Maschine zu besteigen und ihre Botschaft in der nächsten Hauptstadt zu wiederholen?

Den Berliner "Öko-Aktivisten" sei geraten, in diesen komplizierten Zeiten nicht die Orientierung zu verlieren. Dieser Tage können sie ohnehin auf die Anwesenheit von Gesinnungsgenosse Gore bauen, der zwar nicht zitiert werden will, aber neben der üblichen Weisheiten dem Vernehmen nach mindestens ein Auto im Gepäck hat, das garantiert über zehn Liter schluckt.  

Jörg Vogler

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