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Grass und Israel: Mit Demokratie beschämen

Grass sät Hass, meint Israels Innenminister Eli Jischai und hat ein Einreiseverbot gegen GG verhängt. Um ihn selbst zu einer Hassfigur zu machen.

Grass sät Hass, meint Israels Innenminister Eli Jischai und hat ein Einreiseverbot gegen GG verhängt. Um ihn selbst zu einer Hassfigur zu machen. Das ist in der Tat populistisch, wie der frühere Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sagt. Erstens, weil Grass in einer aufgeheizten Gesamtsituation hergenommen wird, ein Exempel an ihm zu statuieren; zweitens, weil es einen Prominenten, dazu einen prominenten Deutschen, trifft, was vor allem die Anhänger der Netanjahu-Koalition einen wird; drittens, weil Grass gar nicht vorhatte, nach Israel zu reisen. Und hier liegt der wichtigste Gedankenfehler der Jerusalemer Regierung.

Umgekehrt wäre es besser, klüger gewesen. Also Grass, der Israel und den Iran auf eine moralische Stufe stellt, einzuladen. Ihm zu zeigen, was Israel ist, nämlich die einzige Demokratie in der gesamten Region, und ihm dann ins Angesicht zu sagen, was gesagt werden muss. Um mit ihm zu diskutieren, ihm seinen Irrtum klarzumachen, nicht aber, ihm die Möglichkeit zu geben, sich in seinem Irrtum einzurichten.

Eine Rundreise durchs kleine Israel hätte den Vorteil, dem Literaten die politische Dimension seiner sardonischen Verse vor Augen zu führen. Der Iran ist hundertmal größer als Israel. Eine Atombombe kann es auslöschen, das Land und seine Menschen.

Insofern hat Grass das iranische Atomprogramm verharmlost. Nicht das Existenzrecht des Iran, sondern das Israels ist bedroht, wie der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge sagt: Einem Staat das Existenzrecht abzusprechen, ist vergleichbar mit einer Morddrohung. Und Worte haben Macht, schon gar solche Worte. Anstatt ihn aus der Komfortzone seines Ressentiments herauszuholen, gestattet ihm das Einreiseverbot, keine tieferen Einblicke zu tun, wie es bei Thomas Mann heißt, und damit keine besseren Einsichten zu gewinnen.

Ein Grass, der sich am Ende doch revidiert, revidieren muss, weil er sich mit den Intellektuellen, den Schriftstellern, den Menschen in Israel auseinandersetzen musste, wäre in jedem Fall das bessere Ziel gewesen. Das bessere Ergebnis zumal. Denn ein Einreiseverbot wirkt wenig souverän. Gerade dieser alte Deutsche hätte mit dem Maximum an demokratischer Kultur beschämt werden sollen.

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