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Am Mittwoch bot Papandreou dem konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras die Bildung einer großen Koalition an. Die Verhandlungen platzten.

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Griechenland: Keine Einheit: Nach Staats- auch politischer Bankrott?

Seit Monaten streiten die beiden großen Parteien um die Wirtschafts- und Finanzpolitik, während das Land immer tiefer in die Misere rutscht. Was Griechenland jetzt wirklich braucht, ist eine breit aufgestellte Regierung der nationalen Einheit.

Während Giorgos Papandreou am Donnerstag noch über seiner neuen Kabinettsliste brütete, traten zwei Parlamentarier seiner sozialistischen Regierungspartei zurück. Rebellierende Abgeordnete erzwangen am Spätnachmittag eine Sondersitzung der Fraktion. Das zeigt: Auch in seiner eigenen Partei wachsen die Zweifel an Papandreous rigidem Sparkurs. Noch bevor die neue Ministerriege stand, schien fraglich, ob sich bei der Vertrauensabstimmung, die am Sonntagabend stattfinden soll, überhaupt eine Mehrheit für den Premier finden wird. Egal, wen er jetzt in seine Mannschaft holt: Es ist das letzte Aufgebot. Papandreou ist gescheitert.

Dabei ruhten große Hoffnungen auf ihm, als er vor 20 Monaten sein Amt antrat. Denn Papandreou versprach nicht weniger als eine politische Kulturrevolution. Er wollte Schluss machen mit Nepotismus und Vetternwirtschaft. Aber die großen Veränderungen ist er schuldig geblieben. Er sprach von Transparenz, aber sein eigentliches Motto lautete: Steuern, Steuern, Steuern. Wobei die Lasten sehr ungerecht verteilt wurden: Die binnen weniger Monate gleich um vier Prozentpunkte erhöhte Mehrwertsteuer schmälerte die Kaufkraft der Pensionäre, denen zugleich auch noch die Renten gekürzt wurden. Der immer wieder angekündigte Kampf gegen die Steuerhinterziehung brachte dagegen bisher keine greifbaren Resultate. Was bei den Einnahmen fehlte, musste bei den Ausgaben gekappt werden. So sparte die Regierung Griechenland in den vergangenen Monaten immer tiefer in die Rezession. Ihr Konsolidierungsprogramm krankt vor allem daran, dass es einseitig auf die Reduzierung des Haushaltsdefizits fokussiert ist. Was fehlt, sind Wachstumsimpulse für die Wirtschaft. Sie könnten von den Strukturreformen kommen – doch ausgerechnet die hat Papandreou in den vergangenen Monaten vernachlässigt. So bürdete er den Griechen immer neue Lasten auf, ohne ihnen eine Perspektive zu bieten. Die Massenproteste, zu denen sich hunderttausende Menschen Abend für Abend in den griechischen Städten versammeln, sind dafür die Quittung.

In den vergangenen zwölf Monaten sind 53 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen. Wirklich geholfen hat die Hilfe nicht. Athen steht schon wieder am Abgrund des Staatsbankrotts. Selbst wenn die EU jetzt weitere Milliarden nachschießt: Mit Geld allein ist das Land nicht zu retten, denn aus der Schuldenkrise ist längst eine Krise des politischen Systems geworden. Ausgerechnet im Mutterland der Demokratie haben die Menschen das Vertrauen in die Politiker, die Parteien und das Parlament verloren. Umfragen zeigen, dass fast neun von zehn Griechen sowohl mit der sozialistischen Regierung wie auch mit der konservativen Opposition unzufrieden sind.

Kein Wunder, seit Monaten streiten die beiden großen Parteien um die Wirtschafts- und Finanzpolitik, während das Land immer tiefer in die Misere rutscht. Am Mittwoch bot Papandreou dem konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras die Bildung einer großen Koalition an. Die Verhandlungen platzten. Papandreous Initiative ging grundsätzlich in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Was Griechenland jetzt wirklich braucht, ist eine breit aufgestellte Regierung der nationalen Einheit, die sich auch auf die Kompetenz überparteilicher Fachleute stützt. Die Zeit drängt: Wenn die griechischen Politiker sich nicht schnell zusammenraufen, droht dem Land nicht nur die Staatspleite sondern auch der politische Bankrott.

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