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Große Koalition: Ein bisschen mehr Mindestlohn

Union und SPD wollen einen Mindestlohn in der Postbranche einführen. Doch der Beschluss greift zu kurz. Eine einheitliche Regelung wäre besser.

Es hat ein Geschmäckle. Die Deutsche Post als Marktführer hat schon das höchste Lohnniveau, und da verordnet der Staat als ihr größter Aktionär gleich der ganzen Branche einen Mindestlohn. Der Konkurrenz wird das Geschäft damit schwerer gemacht. Das ist auch durchaus so gewollt – die SPD will sich nun dem Auslaufen des Briefmonopols zum Jahreswechsel nicht länger verweigern.

Gerecht ist das nicht. Denn es gibt viele Berufe, in denen ähnlich gut oder schlecht verdient wird, bei denen der Staat aber keine unmittelbaren Interessen verfolgt. Die Hoffnung der SPD ist, dass sich der Mindestlohn für die Postdienste – betroffen sind rund 200 000 Beschäftigte – später einmal als ein Durchbruch, ein Wendepunkt erweist. Das mag auch tatsächlich so kommen. Denn die Union trägt einen Mindestlohn nun bereits für die dritte Branche mit. Jedes Mal wird es für sie ein bisschen schwieriger, glaubwürdig gegen das Modell zu argumentieren. Aber wahrscheinlich ist die Zeit einer geschlossenen Front gegen den Mindestlohn sowieso vorüber. Ordnungspolitik ist nicht das größte Steckenpferd der Union, seitdem sie gemeinsam mit der SPD regiert. Oder positiv formuliert: Bundeskanzlerin Angela Merkel regiert unideologisch.

Das macht beim Mindestlohn auch großen Sinn. In ein paar Jahren – wahrscheinlich noch nicht 2009, aber spätestens 2011 – haben auch Arbeitnehmer aus den osteuropäischen Mitgliedstaaten die vollständige Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Wenn dann zum Beispiel polnische Arbeitskräfte auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen, braucht es einen Mechanismus, der zu niedrige Löhne verhindert.

Die Bundesregierung wird dieses Thema auf jeden Fall vor der nächsten Bundestagswahl entscheiden müssen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Der deutsche Mindestlohnflickenteppich wird einfach munter weitergestrickt. Zu den Bauarbeitern, Gebäudereinigern und Briefträgern gesellen sich nach und nach andere Berufe, bei denen der Staat ein Interesse am Mindestlohn hat oder sich eine besonders starke Lobby formiert.

Das wäre typisch deutsch. Denn es würde immer wieder neu verhandelt, erst innerhalb der Bundesregierung und dann zwischen den jeweils betroffenen Tarifpartnern, und es entstünde immer mehr Bürokratie. Da sollte sich die Bundesregierung lieber beherzt für den einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn entscheiden, zum Beispiel auf der übernächsten Kabinettsklausur.

Eines muss dabei aber klar sein: Das Thema hängt, da hat Franz Müntefering recht, eng mit Hartz IV zusammen. Der gesetzliche Mindestlohn müsste zwar über den staatlichen Leistungen für Arbeitslose liegen, so dass es sich lohnt zu arbeiten. Er dürfte aber nicht zu hoch sein, damit er nicht Arbeitsplätze vernichtet und auch im nächsten Abschwung noch zu bezahlen ist. Die von den Gewerkschaften geforderten 7,50 Euro sind mit Sicherheit zu hoch gegriffen, zumal es ja Tarifverträge gibt, die mit ihrer Billigung eine niedrigere Entlohnung vorsehen.

Ein Kommentar von Moritz Döbler

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