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Große Koalition: Wir brauchen ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung

Wenn sie wollte, dann könnte die große Koalition auch ohne neue EU-Richtlinie ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschließen. Notwendig wäre es, denn schon jetzt speichern private Unternehmen nach Lust und Laune. Das sollte endlich geregelt werden.

Ruhe über alles, lautet die Devise von Kanzlerin Angela Merkel. Dem scheint auch der politische Streit um die Vorratsdatenspeicherung untergeordnet zu werden. Die Spitzen der Koalition sollen sich darauf verständigt haben, auf einen neuen EU-Vorstoß in der Sache zu warten. Bestätigt sich dies, wäre es aus mit der Ruhe. Denn dann müsste man den Zustand der Koalition als Lähmung beschreiben. Jenseits gefühlsechter Datenschutzrhetorik ist das Speichern von Verbindungsdaten von Telefonen und Computern unbestreitbar dies: sinnvoll. Es erleichtert es ungemein, Straftaten und Straftäter zu ermitteln.

Notwendig ist es nicht. Notwendig ist nicht, dass Streifenpolizisten Pistolen tragen. Notwendig sind Kontrollen auf grenznahen Bahnstrecken nicht. Notwendig ist fast nichts in Sicherheitsdingen, weil innere Sicherheit nicht von Behörden, Beamten und Gesetzen abhängt, sondern vom Verhalten der Bürger. Wenn der Europäische Gerichtshof nun fordert, das Speichern von Daten auf das Notwendige zu beschränken, so wird damit eine deutliche Botschaft transportiert. Er hält es für notwendig. Wie viele in Deutschland, allen voran die Ermittler in Polizei und Justiz. Der Politik sollte es genügen, dass es sinnvoll ist.

Schon jetzt speichern die Telekom-Unternehmen Verbindungsdaten nach Bedarf, Lust und Laune. Und entsprechend geben sie sie auch heraus. Eine einheitliche Regelung zu schaffen, ist überfällig, insbesondere auch, um private Unternehmen zu einer strikten Datensicherheit zu verpflichten. Angela Merkel liebt die Ruhe so sehr, dass sie auch bei einem derart sinnvollen Projekt lieber keinen Zoff riskiert. Dabei wäre es Zeit für eine Gegenaufführung zum medialen Deutungstheater des europäischen Richterspruchs. Der Luxemburger Gerichtshof hat das anlasslose Datenspeichern nicht verworfen, sondern es im Gegenteil, wie zuvor schon das Bundesverfassungsgericht, ausdrücklich gebilligt.

Heiko Maas will dem Volk gefallen - deshalb auch das zweifelhafte Anti-Edathy-Gesetz

Entscheidend sind die Einschränkungen, um es rechtskonform zu gestalten. Hier hat die Politik versagt, auch die europäische. Nun stehen alle in der Pflicht, es besser zu machen. Auf eine neue Europa-Richtlinie braucht niemand zu warten. Alle Länder in Europa – bis auf Deutschland – haben eine solche Speicherpflicht. Die wenigsten Länder werden sie jetzt abschaffen, weil die maßgebliche Richtlinie gekippt worden ist. Wenn, dann werden Regelungen ergänzt oder nachgebessert. Das geschieht, wenn praktische Fragen zum Alles-oder-nichts-Symbol im Gesinnungsstreit ausgerufen werden: Ein Justizminister macht den Zampano, um mit seinem Nein zu Vorratsdaten dem Volk zu gefallen, während er mit einem zweifelhaften Anti-Edathy-Gesetz das Internet als Schwerpunktzone von Kriminalität markiert. Es zählt die Stimmung und nicht, was stimmt.

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