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Wasserpreise: Großer Abzapfstreich

Die Berliner Parteien streiten um die Wasserpreise – und machen doch nur Wahlkampf. Der Senat ist Nutznießer der Abzocke.

Vordergründig geht’s bei der aktuellen Schimpferei unter den Berliner Parteien um Wasser; tatsächlich aber geht’s um Champagner – und zwar um den, der am Abend des 18. September sprudeln wird. Es ist eben Wahlkampf, und das erste Opfer im Wahlkampf, das wusste ja schon Aischylos, das ist die Wahrheit.

Erstaunlich ist allenfalls, wie hartnäckig der hiesige Politikbetrieb die Menschen für anhaltend blöd hält, obwohl diese Leute es dem Politikbetrieb doch gerade erst so richtig gezeigt hatten: 665.000 Stimmen für den Volksentscheid zum Wasser, so viele bekam keine Partei bei der vergangenen Wahl zum Abgeordnetenhaus; die SPD als stärkste hatte fast 250.000 Wähler weniger. Das bedeutet aber eben auch, dass mindestens 665.000 Menschen verstanden haben, dass da etwas ganz und gar nicht gut läuft, und zwar seit Jahren. Und die meisten wissen inzwischen auch, dass jeder Senat klammheimlicher Nutznießer der Wasserabzocke ist, weil dem Land noch immer die Mehrheit an den Wasserbetrieben gehört. Hohe Wasserpreise freuen den Finanzsenator, dann muss er weniger Schulden aufnehmen; und die anderen Senatoren freuen sich auch, dann können sie mehr ausgeben.

So gesehen ist das Gepampe zwischen Klaus Wowereit (Da muss der Wirtschaftssenator eben besser hinschauen!) und Harald Wolf (Ich habe der Teilprivatisierung im Gegensatz zum Regierenden Bürgermeister damals nicht zugestimmt!) bestenfalls bizarr. Vor allem aber absehbar. Beide hatten nach dem Volksentscheid bekundet, sie verspürten Rückenwind. Sie hätten sich vielleicht besser mal umdrehen sollen. Da bläst ihnen nämlich ganz schön was ins Gesicht. Aber nicht nur ihnen.

„Die Berliner Wasserpreise liegen im Vergleich deutscher Großstädte im unteren Mittelfeld“, verkündeten die Wasserbetriebe im Jahr 2000 stolz; das war kurz nach der Teilprivatisierung. Von da an ging’s bergauf, planmäßig, bewusst und gewusst. Darf man noch daran erinnern, dass damals das Duumvirat Diepgen/Landowsky herrschte, und dass die CDU ihre Leute in die Entscheidungsgremien auch der Wasserbetriebe entsandte? Doch was sagt der heutige Alleinherrscher der CDU, Frank Henkel: „Der Regierende Bürgermeister soll jetzt nicht so tun, als hätte er von den vielen Versäumnissen seiner Senatoren nichts gewusst!“ Die FDP war immer für verkaufen, verkaufen, verkaufen, weil die Privaten angeblich alles besser können als der Staat; dabei kassieren beide gleich mies ab. Egal, die FDP schimpft mit. Die Grünen, polithistorisch – was das Wasser betrifft – am saubersten, versuchen jetzt wettzumachen, dass sie den Volksentscheid unterschätzt haben; ihre Wähler waren eher untermotiviert.

Aber alle übersehen dabei, dass es Champagnerkönig Wowereit gar nicht ums Wasser geht. Er sucht nicht die Aqua-, sondern die Äquidistanz zu allen anderen. Das Wasser ist nur Mittel zum Zweck. Seine Botschaft ist: Ich bin nicht der kleine Wassermann. Das sind die anderen. Und unter denen suche ich mir nach der Wahl in Ruhe einen zum Mitregieren aus.

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