zum Hauptinhalt

Meinung: Großflughafen Berlin: Erhöhte Fluchbereitschaft

Es ist schon ein Kreuz mit dem neuen Flughafen Schönefeld. Spätestens 2007, so lautet die immer wiederholte Schwurformel, soll das neue internationale Luftkreuz im Südosten der Stadt "aufgehen".

Es ist schon ein Kreuz mit dem neuen Flughafen Schönefeld. Spätestens 2007, so lautet die immer wiederholte Schwurformel, soll das neue internationale Luftkreuz im Südosten der Stadt "aufgehen". Das ist im Grunde schon unverantwortlich spät, wenn man bedenkt, dass seit dem Fall der Mauer darüber diskutiert wird. Und weitaus älter noch ist die Einsicht, wie entscheidend eine moderne Fluganbindung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ist. Ganz abgesehen davon bieten internationale Flughäfen heute zehntausende von krisenfesten Arbeitsplätzen. In Frankfurt sind es über sechzigtausend. Der Berliner Arbeitsmarkt könnte ein solches Angebot gut gebrauchen.

Nun droht der Plan, den neuen Berlin-Brandenburgischen Großflughafen in sechs Jahren zu eröffnen, noch einmal abzustürzen. Warum? Im Grunde sind bisher erst bitter wenige der erforderlichen Voraussetzungen wirklich erfüllt. Immerhin steht nach jahrelangem Gerangel um Sperenberg und Schönefeld der Standort fest. Ein Baukonsortium aus den beiden früheren Konkurrenten Hochtief und der IVG arbeitet jetzt an einem gemeinsamen Konzept, der Segen der Brüsseler Wettbewerbshüter für dieses "Monopol" liegt vor - und das Planfeststellungsverfahren läuft.

Aber bis heute liegen weder ein Bau- noch ein schlüssiges Betreiberkonzept auf dem Tisch. Die Finanzierung ist offen und damit auch die Frage, ob doch eine gesonderte Benutzergebühr gefordert werden soll. Der Beschluss zum Ausbau von Schönefeld von 1996 ging von einer definitiven Schließung der beiden Flughäfen Tempelhof und Tegel aus. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die fordern, diesen "Schließungsbeschluss" noch einmal zu überdenken. Wofür es viele gute Gründe gibt. Aber rechtlich sitzt man mit dem "Konsensbeschluss" in einer Zwickmühle.

Das Anhörungsverfahren hat jetzt begonnen - verspätet. Rund einhundertdreiunddreißigtausend (in Zahlen 133 000!) Einsprüche von 67 000 Einzelpersonen müssen behandelt werden. Dazu die Stellungnahmen von 200 "Trägern öffentlicher Belange". Das ist ein Mammutverfahren, so umfangreich und kompliziert, wie es der Begriff "Planfeststellungsverfahren" schon ahnen lässt. Jeder Einwand muss sorgfältig geprüft und so beschieden werden, dass wenigstens keine formalen Gründe für eine anschließende Klage gegeben sind. Der Klageweg gegen die Entscheidungen zur Sache bleibt nach dem Abschluß der Anhörungen sowieso offen. Auch das braucht dann Zeit. Vorher dürfen die Bagger nicht arbeiten. Ein Baubeginn im Jahr 2004, wie geplant, erscheint deshalb höchst unwahrscheinlich.

Rundherum herrscht Unverständnis und Ärger über den schleppenden Gang des für den Berliner Raum so entscheidenden Projektes. Typisch Berlin! Alles was in dieser Stadt politisch "entschieden" wird, entwickelt sich zum Stoff für eine Satire. Die Messe, die Bankgesellschaft, die Opernfusion. Ein wahres Wunder, dass der Potsdamer Platz in so kurzer Zeit aus dem Nichts emporgewachsen ist. Ohne die zwei großen privaten Investoren und Bauherren stände das Weinhaus Huth sonst heute noch allein auf weiter Flur.

Was lässt sich jetzt noch tun, um dem Großflughafen zu einer schnelleren Eröffnung zu verhelfen? Die Mitwirkungs- und Einspruchsrechte der betroffenen Bürger kann man nicht mehr beschneiden. Wenngleich viele ein wenig neidisch auf andere Länder schauen, in denen vergleichbare Großprojekte in wesentlich kürzerer Zeit verwirklicht werden. Auch Deutschland hat für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen und Vorhaben aus dem Katalog der Einheitsprojekte die Mitwirkungsrechte der Bürger im Interesse einer schnelleren Umsetzung beschränkt.

Das viel gepriesene Mittel der Privatisierung zur Beschleunigung von Projekten wirkt bei Schönefeld wenig überzeugend. Man kann den Eindruck gewinnen, der neue Flughafen könnte schon arbeiten, wenn die Stadt Berlin ihn in eigener Regie gebaut und erst danach verkauft hätte. Aber dann wäre Berlin eben nicht Berlin. Nun heißt es: So viel Dampf machen wie möglich. Jeder Monat ohne den neuen Großflughafen kostet Berlin Ansehen, Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Guten Flug!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false