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Meinung: Gründe und Abgründe

Von Maren Peters Immer wieder sagt Verbraucherschutzministerin Renate Künast, sie könne nicht ausschließen, dass Sabotage im Spiel sei. Sabotage, die dazu geführt habe, dass tausende Hühner und Schweine durch verseuchten Weizen vergiftet, Millionen Eier ungenießbar wurden.

Von Maren Peters

Immer wieder sagt Verbraucherschutzministerin Renate Künast, sie könne nicht ausschließen, dass Sabotage im Spiel sei. Sabotage, die dazu geführt habe, dass tausende Hühner und Schweine durch verseuchten Weizen vergiftet, Millionen Eier ungenießbar wurden. Kann das sein? Jenseits aller Verschwörungstheorien ist es tatsächlich nicht unplausibel, dass sich jemand an den Futtermitteln vergriffen hat. Jemand, der sich rächen wollte. Oder der Schaden anrichten wollte. Oder Verbraucher erschrecken.

Wie sonst, wenn nicht durch gezielte Manipulation sollte es einem niedersächsischen Futtermittelhersteller möglich gewesen sein, mehr als 100 Bio-Mastbetriebe mit 550 Tonnen hochbelastetem Öko-Getreide zu beliefern? Auf den ersten Blick spricht Einiges dafür, dass es reine Profitgier war. Seit die Verbraucherministerin die Agrarwende ausgerufen hatte, ist die Nachfrage nach Öko-Futtermitteln stark gestiegen, der Nachschub dagegen ist knapp geworden. Könnte da nicht die Verlockung groß gewesen sein, das vorhandene Material ein bisschen zu strecken?

Das erscheint zwar möglich, ist aber nicht wahrscheinlich. Wer so etwas tut, würde nicht auch noch so dumm sein, das Futter zusätzlich zu vergiften. Denn die Konzentration von Nitrofen war zu hoch, als dass nur altes, mit nicht mehr zu gelassenen Pflanzenschutzmitteln behandeltes,Getreide hätte zugemischt werden können. Nein, wenn die zulässigen Werte um das bis zu 250-fache überschritten werden, dann steckt wahrscheinlich Absicht dahinter: Dann hatte jemand Nitrofen auf den bereits geernteten Weizen geschüttet.

Außerdem: Nitrofen ist ziemlich schwer zu bekommen. In Westdeutschland ist es seit 1988 verboten, in Ostdeutschland seit 1990. Auch der Verdacht, dass das verseuchte Getreide aus Osteuropa stammen könnte, aus Polen, Ungarn oder Tschechien, woher in den vergangenen Monaten ein Großteil des Öko-Getreides importiert wurde, ist nicht zu vermuten. Auch dort ist Nitrofen verboten. Zugelassen ist das Pflanzengift nur noch in Jugoslawien.

Von da wird aber kein Öko-Getreide importiert. Das heißt: Möglicherweise hat jemand das Gift in Deutschland gezielt ins Öko-Futter gestreut, weil er wusste, dass die chemischen Labors dieses spezielle Pflanzenschutzmittel nicht mehr routinemäßig kontrollieren. Vielleicht wollte der potenzielle Täter den Ruf der Bio-Branche bewusst schädigen. Vielleicht hat auch nur jemand Ärger mit seinem Arbeitgeber gehabt. Warum sonst sollte das niedersächsische Unternehmen, dem jetzt die Schließung droht, über dreißig Mal Proben analysieren lassen, wenn das Ergebnis mit Sicherheit positiv ist? Hätte das Unternehmen aus Angst vor Schadensersatzforderungen den Giftweizen weiter verkauft, hätte es doch unverdächtiges Material für die Proben beschaffen können.

Die Staatsanwaltschaft sucht potenzielle Täter. Widerstand gegen die Agrarwende gibt es genug. Aber wie in einem guten Krimi erfahren wir die Lösung immer erst ganz am Schluss. „Überall dort, wo man schnell und billig Profit machen kann, lockt das Kriminelle an“, hat die Europa-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt in diesen Tagen gesagt. Sie hat Recht.

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