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Grüne Woche: Billig essen – und gut

Teuer ist nicht gleich besser. Wer will, kann sich in Deutschland gut und günstig ernähren. Wer will. Denn von selbst geht das nicht.

Sieht so das Schlaraffenland aus? Essen und Trinken gibt es im Überfluss, die Regale sind voll, die Lebensmittel billig. Zwölf Mal haben die Supermarktketten allein im vergangenen Jahr ihre Preise gesenkt. Ein mehrgängiges Essen für eine Familie kostet heute weniger als eine Tankfüllung. Zumindest, wenn man selber kocht.

In keinem anderen Land Westeuropas sind Lebensmittel so billig wie bei uns. Das liegt an der harten Konkurrenz unter den Discountern, die vor allem über den Preis ausgetragen wird. Solange sich Aldi, Lidl und Netto gegenseitig in Schach halten, sinken die Preise. Das entlastet die Verbraucher. Derzeit gehen – statistisch gesehen – gerade einmal elf Prozent des Haushaltseinkommens für Lebensmittel drauf. Das dürfte sich in nächster Zeit wohl auch nicht ändern.

Den Bauern und der Ernährungsindustrie passt das nicht in den Kram. Im Vorfeld der Grünen Woche, die am Freitag wieder ihre Tore für jedermann öffnet, warnen sie davor, dass viele Betriebe dem Druck nicht standhalten können und aufgeben müssen. Oder schlechtere Qualität liefern. Wenn die Preise weiter sinken, dann werden die Lebensmittel in Deutschland schlechter, sagen sie. In ihrem Kampf um höhere Preise hat die Wirtschaft auch die Rückendeckung der Politik. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner hat angekündigt, gemeinsam mit dem Handel und der Wirtschaft über faire Preise reden zu wollen.

Die Ministerin lässt sich dabei vor den Karren der Ernährungslobby spannen. Denn die Gleichung „Niedrige Preise gleich schlechte Qualität“ geht so nicht auf. Oder warum schneiden sonst in den Tests der Stiftung Warentest oder Ökotest die Eigenmarken von Aldi oder Lidl oft deutlich besser ab als die teureren Markenprodukte? Warum stehen dann so viele Markenartikler auf der schwarzen Liste der Verbraucherzentrale Hamburg, die Fälle von Mogelpackungen und Werbelügen zusammenträgt?

Teuer ist nicht gleich besser. Wer will, kann sich in Deutschland gut und günstig ernähren. Wer will. Denn von selbst geht das nicht. Wer eine Billigpizza an der Ecke kauft, muss damit rechnen, dass er auf seiner Pizza Prosciutto Schwindelkäse und Glibberschinken serviert bekommt. Wer sich von Fertiggerichten ernährt, muss sich die Zutatenliste genau anschauen, um zu erkennen, dass die vermeintliche Garnele aus Formfleisch besteht und das Meer noch nicht einmal aus weiter Ferne erblickt hat. Oder dass die Erdbeeren auf der Verpackung im Jogurt durch billigere Aromen ersetzt worden sind. Die Hersteller sparen damit Geld, auch namhafte Firmen. Das ist völlig legal, solange die Informationen über die wahren Inhaltsstoffe auf der Packung auftauchen. Aber ist es auch legitim?

Wer das nicht will, hat die Wahl. Niemand wird gezwungen, eine Fertigpizza in den Ofen zu schieben oder eine Dosensuppe warm zu machen. Und doch bleibt in zahlreichen Haushalten die Küche kalt. Obwohl im Fernsehen eine Kochshow die nächste jagt und Kochbücher auf den Bestsellerlisten stehen, gibt es Döner zum Abendessen.

Was viele im Italien-Urlaub genießen, ist auch bei uns möglich: Gutes Essen macht das Leben schöner. Einkaufen, kochen, essen, keine Zeit? Oder falsche Prioritäten? Warum sollte man nicht öfter mit der Familie, mit Freunden oder für sich allein kochen, statt vor dem Fernseher, dem Computer oder der Play Station zu sitzen? Teuer ist das nicht, selbst wenn man mehrere Gänge plant. Dafür sorgen schon die Discounter. 

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