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Grundlagenforschung: Hört die Signale

Wissenschaftler wollen 3000 Parabolschüsseln in der Wüste aufstellen: Das ist teuer, aber existenziell wichtig

Es mutet an wie ein Science-Fiction-Film: Hunderte Parabolantennen stehen in einer menschenleeren Halbwüste und scannen, wie von Geisterhand bewegt, den Himmel ab. Wenn es nach den Astronomen geht, wird dieser bizarre Antennenorganismus, der bisher nur in Computeranimationen lebt, bald real werden: Von 2016 an sollen in Südafrika und Australien 3000 Parabolschüsseln errichtet werden und Radiosignale aus dem All einfangen.

Wie entwickelte sich der Kosmos während seiner Kindheit? Was bewirkten die ersten Sterne? Was genau ist eigentlich „Dunkle Energie“? Gibt es Hinweise auf Leben in fernen Sonnensystemen? Das sind einige der Fragen, die die Forscher mit dem „Square Kilometre Array“ (SKA) genannten Antennenpark beantworten wollen. Fragen, die sich die meisten wohl noch nie im Leben gestellt haben. Und doch ist es richtig, dass das SKA errichtet wird. Trotz der geschätzten Baukosten von 1,5 Milliarden Euro.

In Zeiten enger Finanzen werden gern Rechnungen aufgemacht, was uns vermeintliche Luxusgüter wie Grundlagenforschung, aber auch Kultureinrichtungen kosten. Davon abgesehen, dass das Geld immer knapp ist – diese Güter, die als so wenig lebensnotwendig erachtet werden, bereichern unser Leben ungemein. Das klassische Konzert, großartig gespielt vom subventionierten Orchester, macht jeden Zuhörer wieder zum Menschen: weil er fühlt, dass es mehr gibt als den Alltagstrott und er das Crescendo des Schlusssatzes mitnimmt in sein Leben. So haben alle etwas davon.

Nicht anders verhält es sich bei den Fragen, denen Wissenschaftler nachgehen. Die Jagd nach dem Higgs-Boson, von Medien gern als „Gottesteilchen“ verkauft, bringt uns in unserem Alltag nicht weiter. Aber sie rührt an den Grundfesten unserer Existenz: Wie entstand die Welt, in der wir sind? Was hält sie zusammen? Es ist zutiefst menschlich, solche Fragen zu stellen und ihnen nachzugehen.

Langfristig können die Antworten zudem enormen Einfluss auf unser Leben haben. Als Max Planck sich vor mehr als 100 Jahren mit der Strahlung von idealen Schwarzen Körpern befasste, erschien das nicht gerade anwendungsorientiert. Doch er schuf damit einen Grundstein für die Quantenphysik, die heute in der Datentechnik vielfach genutzt wird.

Aber es geht nicht nur um die Fragen der Forscher. Die Apparate, die sie bauen, um Antworten zu erhalten, sind ebenfalls scharf an der Grenze des Mach- und Denkbaren. Bei der Entwicklung dieser Maschinen entstehen immer wieder Erfindungen, die uns schnell als ganz selbstverständlich erscheinen. Das World Wide Web ist so ein Beispiel, oder das W-Lan. Sie sind gewissermaßen „Abfallprodukte“ der Grundlagenforschung.

Auch der geplante Antennenpark mit seiner autarken Energieversorgung im Nirgendwo und seinen Supercomputern, die zur Auswertung der gewaltigen Datenmengen erforderlich sind, könnte solche revolutionären Erfindungen hervorbringen. Wenn man die Forscher arbeiten lässt.

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