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Meinung: Grundrecht auf Beschneidung

Zur Beschneidungsdebatte Bei der Bewertung des Kölner Landgerichts zu der Frage, ob die Beschneidung kleiner jüdischer und muslimischer Jungen strafbar ist, geht es nicht nur um das Verhältnis der Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und der Religionsfreiheit in den Artikeln 2 und 4 des Grundgesetzes, sondern auch um die historische Situation, in der es formuliert wurde. Ich frage mich, welche Vorstellung die Väter und Mütter des Grundgesetzes bei der Formulierung dieser Grundrechte hatten.

Zur Beschneidungsdebatte

Bei der Bewertung des Kölner Landgerichts zu der Frage, ob die Beschneidung kleiner jüdischer und muslimischer

Jungen strafbar ist, geht es nicht nur um das Verhältnis der Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und der Religionsfreiheit in den Artikeln 2 und 4 des Grundgesetzes, sondern auch um die

historische Situation, in der es formuliert wurde.

Ich frage mich, welche Vorstellung die Väter und Mütter des Grundgesetzes bei der Formulierung dieser Grundrechte hatten. Sie hatten sicherlich die Religionen vor Augen, neben den christlichen auch das Judentum und den Islam, wie sie in Europa etabliert waren und sich bis ins 20. Jahrhundert entwickelt hatten. Ihnen war mit Sicherheit bewusst, dass zum Bestand der Religionen nicht nur mehr oder weniger verbindliche

Traditionen und Riten, sondern auch kirchliche, durch den Glauben begründete Gesetze gehören. Den Schöpfern des Grundgesetzes dürfte daher wahrscheinlich bekannt gewesen sein, dass jüdische und muslimische Knaben im Säuglings- und Kindesalter beschnitten werden. Diese zu den Fundamenten

beider Religionen gehörenden Riten dürften somit als deren integraler Bestandteil von den Verfassern des Grundgesetzes bei der Formulierung dieser Grundrechte beachtet und nicht in Zweifel gezogen worden sein.

Hinzu kommt, dass die in Artikel 140 des Grundgesetzes festgelegte Fortgeltung der Bestimmungen der Weimarer Verfassung, welche die Religionsausübung, das Fortbestehen der Religionsgesellschaften und das Verhältnis von

Kirche und Staat regeln, die Kontinuität dieser Institutionen und ihrer Glaubensinhalte insgesamt gewährleistet. Mit anderen Worten: Die bestehenden Gesetze und Traditionen der Kirchen wurden und werden nicht angetastet. Hierzu gehört auch der verbindliche Grundsatz, Knaben jüdischen und muslimischen Glaubens nach Maßgabe der Glaubensregeln zu beschneiden. Änderungen und Entwicklungen wären Sache der kirchlichen Autonomie und ihrer Institutionen.

Klaus Eschen, Rechtsanwalt, Berlin

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