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Guido Westerwelle: Von außen Minister

Von "Fall" zu "Fall", von Krise zu Krise: Guido Westerwelle bleibt eine Belastung für die deutsche Politik, findet Gerd Appenzeller. Es ist Zeit für einen Abgang.

Die FDP-Spitze, so berichten Nachrichtenagenturen, wolle ihrem Außenminister noch eine Chance geben. Für Parteichef Philipp Rösler käme eine Ablösung Guido Westerwelles nicht in frage. Mit seinem Lob für den Libyeneinsatz der Nato habe er spät, aber nicht zu spät eingelenkt.

Für die FDP mag man diese Einschätzung akzeptieren. Sie steht, mit miserablen Umfragewerten, vor zwei Landtagswahlen. Trennt sie sich jetzt von Westerwelle, den sie schon im Parteivorsitz nicht mehr für tragbar hielt, auch noch als Außenminister, könnte das erwartbare schlechte Abschneiden in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin Philipp Rösler angelastet werden. Die FDP hat Erfahrung darin, zunächst nach der Partei- und dann erst nach der Staatsräson zu entscheiden. Die Bundeskanzlerin hat andere Kriterien zu beachten. Schließlich klebt der verheerende Eindruck der deutschen Außenpolitik nicht nur am derzeitigen Amtsinhaber, sondern auch an der Regierungschefin.

Sie hat die Enthaltung Deutschlands bei der Libyenabstimmung im Weltsicherheitsrat nicht verhindert. Sie hat sie vielleicht sogar mit getragen, in jedem Falle hingenommen und später verteidigt. Sie steckt also tief mit drin in der Glaubwürdigkeitsfalle. Beide, Merkel und Westerwelle, sollten aufhören, so zu tun, als sei es nur um einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten gegangen. Den wollte und will die deutsche Öffentlichkeit nicht – die sich genauso entschieden gegen die Bundeswehrbeteiligung am Afghanistankrieg ausspricht. Entscheidend in New York war das erstmalige Ausbrechen aus der westlichen Bündnisallianz in einer entscheidenden weltpolitischen Frage. Dieses Versagen wird der deutschen Politik in Washington, London und Paris vorgehalten. Wer diese Situation mit Gerhard Schröders Nein zum Irakkrieg gleichsetzt, um den Tabubruch zur Wiederholungstat herunter zu rechnen, täuscht. Schröder stand nicht alleine, sondern an der Seite Frankreichs, und alle seine Bedenken wurden Stück für Stück bestätigt. Die Argumente für Westerwelles Votum an der Seite Chinas und Russlands hingegen sind an der Realität zerschellt.

Würden wir über Guido X reden, dürfte man über ein paar Fehlentscheidungen hinwegsehen. Aber es geht um den Außenminister einer der dominierenden Nationen auf der Weltbühne. Seit Konrad Adenauer galt für alle Kanzler und alle Außenminister der Bundesrepublik Berechenbarkeit und Bündnistreue als Fundament deutscher Politik. Aber Guido Westerwelle, der so viel in seinem Politikerleben als Inszenierung aufgebaut hat, begriff nie, dass dieses Amt keine Rolle ist, nicht nur von außen Minister, sondern dass er fortan mitten im Machtzentrum der deutschen Politik, in der Verantwortung, steht.

Dass Joschka Fischer jetzt vom vielleicht größten außenpolitischen Debakel seit der Gründung der Bundesrepublik spricht, darf man getrost zum Teil auch der Parteipolitik zurechnen. Aber wenn der frühere christdemokratische Verteidigungsminister Volker Rühe geradezu drängend vor deutschen Alleingängen warnt, wenn ein so besonnener Außenpolitiker wie der CDU-Abgeordnete Ruprecht Polenz beklagt, die großen Linien der deutschen Außenpolitik seien blasser geworden, dann kommt die Kritik aus dem engeren Kreis der Koalition.

Guido Westerwelle, der vom hohen Ton und vom Pathos so ungern lässt, könnte sich jetzt einmal wirklich um Deutschland verdient machen und sein Amt für einen Kundigeren räumen.

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