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Zuhause bei Papa und Mama oder allein in der Krippe: Darüber, was für die Kleinsten gut ist, gehen die Meinungen auseinander.

© dpa

Kontrapunkt: Gute Mütter, schlechte Mütter

Extra-Geld dafür, dass ein Bürger ein Angebot des Staates ausschlagen will: Mit dieser Idee wird die CSU das althergebrachte Familienmodell auch nicht retten.

Auf den ersten Blick klingt es einleuchtend, was die CSU im Streit um die richtige Familienpolitik proklamiert: Mütter und Väter in Deutschland sollten endlich die freie Wahl haben, ob sie ihre Kinder lieber zu Hause betreuen oder in einen Kindergarten geben wollen. Jedes Familienmodell sei ihrer Partei gleich wichtig, sagt die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär. Doch das stimmt nicht.

Die Christsozialen setzen sich auch deshalb so vehement für das umstrittene Betreuungsgeld ein, weil ein Teil ihrer Anhänger immer noch Bauchschmerzen verspürt bei dem Gedanken, dass Kinder bereits im Alter von ein oder zwei Jahren in den Kindergarten gehen. Seit Jahren beschäftigt der Streit ums Betreuungsgeld die Politik – und immer schwingt dabei die ideologische Frage mit: Was sind gute Mütter, was sind schlechte Mütter?

Ein Teil der Konservativen hat immer noch nicht verkraftet, dass ausgerechnet die damalige CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen in der großen Koalition das Elterngeld einführte und Bundesgeld für den Krippenausbau locker machte. Seitdem werden die Rufe nach einem Betreuungsgeld wieder lauter: Diese Leistung soll nach dem Willen der CSU an die Eltern gezahlt werden, die ihre weniger als drei Jahre alten Kinder nicht in den Kindergarten oder zu einer Tagesmutter geben. Laut Koalitionsvertrag soll es für diese Eltern ab 2013 monatlich 150 Euro geben – und darauf pochen die Christsozialen nun.

Doch gegen die Einführung einer solchen Leistung spricht vieles: In Zeiten der Euro-Krise neue staatliche Leistungen zu versprechen, ist zumindest fragwürdig. Die Einführung des Betreuungsgeld würde geschätzt zwei Milliarden Euro kosten. Auch die abgespeckte Variante, die Familienministerin Kristina Schröder (CDU) jetzt vorgeschlagen hat (ein Jahr statt zwei Jahre Betreuungsgeld), würde immer noch viel Geld verschlingen.

Geld, das sich besser investieren ließe. Wahlfreiheit wäre ja tatsächlich etwas Schönes. Doch die besteht erst dann, wenn es genügend Betreuungsangebote gibt. Daran hapert es bis heute, vor allem in den westdeutschen Bundesländern. Viele Alleinerziehende sind allein deswegen auf Hartz IV angewiesen, weil sie für ihre Kinder keine passende Betreuungsmöglichkeit finden – und damit auch keinen Job. Bis 2013 soll es bundesweit für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Angebot zur Tagesbetreuung geben, doch einige Länder sind beim Krippenausbau zögerlich und hinken hinterher.

Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen außerdem, dass bei der Einführung eines Betreuungsgelds weniger Mütter arbeiten gehen. So verweist Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) darauf, dass sich in Norwegen vor allem Mütter mit niedrigem Bildungsgrad vom Arbeitsmarkt zurückgezogen hätten. Das sind die Frauen, die später Probleme bekommen, weil ihre Alterssicherung nicht zum Leben reicht.

Für Deutschland erwartet die Wissenschaftlerin zudem, dass vor allem Kinder aus einkommensschwachen Haushalten nicht mehr in die Kita geschickt würden. Es würden also gerade die Kinder abgehängt, die besonders von der Förderung in einer Kita profitieren könnten.

Warum also sollte der Staat Eltern Geld zahlen, nur weil sie eine staatliche Infrastruktur nicht in Anspruch nehmen? Schließlich fördert er schon jetzt das Familienmodell, bei dem ein Partner arbeiten geht und der andere zu Hause bleibt, über das Ehegattensplitting mit Milliardensummen. Die meisten jungen Eltern verlangen mittlerweile nachdrücklich mehr Kitas, weil sie Beruf und Familie unter einen Hut bekommen wollen. Aber auch, weil sie überzeugt sind, dass ihren Kindern der Kontakt mit Gleichaltrigen gut tut. Mit ihren lautstarken Rufen nach einem Betreuungsgeld wird die CSU das auch nicht ändern können.

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