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Meinung: Guter Streik ist teuer

Von Alfons Frese

Dieser Arbeitskampf geht als einer der längsten in die Geschichte der Bundesrepublik ein. Hat sich der Aufwand gelohnt? Ist es angemessen, für ein paar Minuten mehr Arbeit am Tag drei Monate zu streiken und dabei zum Beispiel Universitätskrankenhäuser auf eine Notversorgung zu reduzieren? Nein, das ist unverhältnismäßig. Aber es ging in dieser Auseinandersetzung auch um mehr. Einige öffentliche Arbeitgeber, in diesem Fall Länderfinanzminister und Ministerpräsidenten, wollten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vorführen und am Ende Arbeitszeit und Weihnachtsgeld ohne Mitwirkung der Arbeitnehmerseite festlegen. Verdi sprach von Diktat und forderte einen fairen Interessenausgleich.

Am Ende steht wie immer ein Kompromiss: Der von Verdi ziemlich ideologisch geführte Abwehrkampf gegen jede Form von Arbeitszeitverlängerung ist verloren. Doch halten sich die Verlängerungen in Grenzen und sind zwischen den Beschäftigtengruppen ausgewogen. Das gilt auch für die Kompromisse mit den Kommunen, die schon vor Wochen ausgehandelt wurden. So einigte man sich im CDU-regierten Hamburg schon am 1. März. Die meisten Länder brauchten offenbar noch sechs weitere Wochen Streik, um einigungsfähig zu werden.

Das Wichtigste an dem Abschluss ist die Ausstrahlung auf das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes insgesamt. Anfang vergangenen Jahres hatte sich Verdi mit Bund und Kommunen auf eine umfassende Reform des Tarifrechts geeinigt. Der BAT wurde abgeschafft, Sitzprämien durch Leistungszulagen ersetzt, alles in allem die Bezahlung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gerechter, transparenter und leistungsorientierter. Diese große Reform hatte nur einen Haken: Die Länder waren nicht dabei. Wegen des Streits über die Arbeitszeit nahmen die Bundesländer nicht am Reformprozess teil; für deren 800 000 Arbeiter und Angestellte gilt immer noch der verstaubte BAT. Der Streit ist nun beigelegt, die Einheitlichkeit des öffentlichen Tarifrechts gewährleistet. Das ist gut für die Arbeitgeber und gut für die mehr als drei Millionen Menschen, die im öffentlichen Dienst ihren Lebensunterhalt verdienen. Und dafür hat sich auch der Aufwand gelohnt.

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