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Hamburg-Wahl: Wind in den Wandel

Mögen die Parteien der Koalition im Bund einander misstrauisch begegnen, in Hamburg haben zwei vorgemacht, wie es gehen kann: Es gibt Wahlkämpfe mit Format – und neuen Entwicklungen.

Einen nassen Finger in den Wind – und man weiß, woher er weht. Oder wohin. Wie in Hamburg der Wahlkampf geführt worden ist, das ist die Zukunft. Hanseatisch-cool, aber nicht nur hanseatisch, zurückhaltend in jedem Fall, und vor allem: sozial gesinnt. Parteien, hört die Signale.

Dort, wo das soziale Gewissen sichtbar ist, wo es personifiziert wird, ob in Ole von Beust oder in Michael Naumann, wird es schwieriger für die Linke, sich auszudehnen. Nun gut, sie hat nicht schlecht abgeschnitten, die FDP würde sich über so ein Ergebnis in der Stadt freuen, die so liberal ist wie sonst keine. Aber sie hat wiederum auch nicht so gut abgeschnitten, wie manche gehofft oder eben gefürchtet hatten. Im Übrigen gilt: lieber grün als links.

Die Ästhetisierung der politischen Auseinandersetzung – von einigen bekrittelt, wegen der schönen Bilder auf den Wahlplakaten, besonders denen mit Beust, hat sie doch auch in den Reden stattgefunden. Und wurde durch die Köpfe der Kampagne versinnbildlicht. Man kann Hamburg um diese Paarung beneiden: ein ruhiger Metrobürgermeister mit Stil gegen einen weitgereisten Intellektuellen mit Gefühl. Beide sind sich, so unterschiedlich sie nach außen erscheinen, ähnlich in der Binnenwirkung. Die lautet: Sie bieten Heimat. Und die zu verlassen, fällt schwer.

Darum auch hat Naumann so hart am „Plan B“, dem Plan Kurt Becks zur Linksöffnung der SPD, zu tragen. Und seine Partei nicht so viel dazugewonnen, wie es im anderen Fall vielleicht gekommen wäre. Das hat beide getroffen. Denn Hamburg ist tendenziell und traditionell eine sozial-demokratische Stadt.

Nur halt nicht mehr mit der Sozialdemokratie untrennbar verbunden. Beust als Bürgermeister, das war zu Anfang erstmal eine Reaktion auf eine SPD, die sich in den Regierungsjahren seit dem Krieg verbraucht und zerstritten hatte. Inzwischen ist das anders. Weil die CDU eine bürgerfreundliche und soziale Politik anbietet, ihre Sozialsenatorin bundesweit geachtet wird, ihr Beust der „Ole“ ist, ein feiner Herr und ein feiner Kerl, hat sich eine dauerhafte andere Verbindung ergeben.

Naumann hat einen Wahlkampf gemacht, der Hamburg gerecht geworden ist. Er hat sich alle, wirklich alle Mühe gegeben, dieses Gemeinwesen für sich zu gewinnen. Wer jetzt noch sagt, er hätte die Zahlen nicht im Kopf, der ist eines Besseren belehrt. Eine größere Reverenz als diese Energieleistung konnte Naumann der Stadt nicht erweisen. Das wird bleiben. Die SPD kann sich glücklich schätzen: Er hat ihr so viel gegeben, wie sie ihm zu geben nie in der Lage gewesen ist. Vor allem Integrität.

Mögen die Parteien der Koalition im Bund einander misstrauisch begegnen, in Hamburg haben zwei vorgemacht, wie es gehen kann. Eine Stadt von Welt, mit einem Wahlkampf von Format. Und am Ende mit frischem Wind aus Nord-Nordwest bis nach Berlin.

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