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Harald Martenstein: Alles war so schön in Ordnung

In den 70er Jahren war es mutig, in die Junge Union einzutreten. An unserer Schule jedenfalls. Jungs wie Roland Koch waren das, belesene, meist etwas arrogante Typen, gestählt aus vielen Diskussionen, in denen sie immer in der Minderheit waren.

Der Politologe Franz Walter hat den Rücktritt von Roland Koch als das Scheitern dieser Generation, der Anti-68er, interpretiert. Klar, die CDU regiert, aber in den meisten Fragen haben die gemäßigten Linken sich durchgesetzt. Die CDU tut was für berufstätige Frauen, ist nicht mehr gegen Einwanderung und wird wohl auch die Kernkraftwerke dicht machen. Die phlegmatische Pragmatikerin Angela Merkel hat die jungkonservativen Meisterdenker ausmanövriert.

Das Problem des rechten CDU-Flügels besteht aber, anders, als oft gesagt wird, nicht aus Angela Merkel. Es besteht darin, dass die rechte CDU, mit Ausnahme von Jörg Schönbohm, der inzwischen eine Art konservativer Heiner Geißler ist, keine integren Personalangebote hervorbringt. Konservative vertreten Werte wie Anstand, Ehrlichkeit, Tradition, Mäßigung, Familie. Diese Werte können auch Leute gut finden, die sich nicht als Konservative verstehen. Man muss aber in der Lage sein, so etwas vorzuleben, sonst ist man schnell in der Bischof-Mixa-Situation. Und? Franz Josef Strauß wirkte cholerisch und machtgierig, er hat den meisten Wählern Angst eingeflößt, der Ministerpräsident Filbinger hat sich von seiner Nazivergangenheit nicht lösen können, der aalglatte Junge-Unions-Chef Missfelder nimmt alte Leute vor allem als Kostenfaktor wahr. Das konservative Personal in Deutschland: Zum größten Teil eine halbseiden schillernde Truppe, der es nicht gelingt, dem moralischen Überlegenheitsanspruch der Konservativen ein nennenswertes Maß an Glaubwürdigkeit zu verleihen. Anstand? Tradition? Ehrlichkeit? Da denkt man eher an Müntefering als an Schill, Kanther oder Mappus. Als Rolands Koch die jüdischen Vermächtnisse erfunden hat, um seine Partei aus Steuerbetrugsvorwürfen herauszumanövrieren, hat er dem Konservatismus sicher mehr geschadet als jetzt mit seinem Rücktritt.

Berti Vogts, der frühere Bundestrainer, ist auch ein bekennender Konservativer. Immerhin hat er, so weit bekannt, die Öffentlichkeit nie belogen. Als er zur Zeit der Diktatur in Argentinien war, sagte Berti Vogts bewundernd: „Ein Land, in dem Ordnung herrscht.“ Das ist es, was viele Konservative so unheimlich macht: das Aggressive. Wie kann man eine Ordnung gut finden, in der man um sein Leben fürchten muss?

Und doch kenne ich einen Konservativen, den ich bewundere und der mit allem, was er bisher getan hat, für seine Haltung Werbung macht. Es ist der amerikanische Regisseur Clint Eastwood, der am Montag achtzig wird.

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